Cornelius Vex schrieb am 20.12.2016 17:29:
Heute wird dagegen Armut relativ definiert.
Nein. Die ist ziemlich genau als nichtvorhandene ökonomische Freiheit definiert. Also fehlende Autarkie aufgrund Geldmangels.
Da sind Industrieprodukte simpel kein Kriterium. Das Kriterium wäre, daß du die Wahl hast zwischen Auto und Nicht-Auto. Die Wahl hast du nicht - sondern du verschuldest dich, um ein Auto zu kaufen, mit dem du dich dann irgendwohin bewegen kannst, um den Kredit für das Auto abzubezahlen. Und die Nichtbedienung eben dieses Kredites dir noch mehr Unfreiheit verschafft, weil dir der dann folgende Schufa-Eintrag die Teilnahme am öffentlichen Leben noch weniger möglich macht. Normale Telefonverträge werden heute an positive Schufa-Auskunft gebunden, schon mal gemerkt? Aber öffentliche Telefonzellen gibt es so gut wie keine mehr...
Die Menschen, die heute als "arm" gelten leiden nicht unter Hunger, sondern unter mangelnder Autarkie und der Unmöglichkeit, selbstbestimmt am Leben teilzunehmen. Das immer stärker privatisierte öffentliche Leben schließt diese aus, wodurch sie auf die immer mehr reduzierten öffentlichen Angebote angewiesen sind. Sie können (was ich besonders schlimm finde) ihre Kinder nicht mehr bilden, weil das öffentliche Schulsystem kaputtgespart wird - und die Eliten kein Interesse an diesem haben, weil sie ihre Kinder sowieso auf private Schulen schicken. Sie konzentrieren sich in Armenghettos, wo schon allein die Adresse ausreicht, um ihre Jobchancen auf Null zu reduzieren - übrigens auch ihre Chancen, eine Wohnung außerhalb dieser Ghettos zu finden, selbst wenn sie nicht mehr Miete kosten würden. Sie werden speziell in Deutschland einem enorm enthumanisiertem Drucksystem unterworfen, das sogar chronisch psychisch Kranke mit 100% EU-Rentenanspruch für die Grundsicherung einem Arbeitszwang mit regelmäßigen Schnüffelbesuchen durch die ARGE-Mitarbeiter unterwerfen will.
"Arm" bedeutet nicht, zu verhungern. Arm bedeutet, entmenscht zu werden, seine Autarkie als Mensch zu verlieren. Die Kontrolle über die Gestaltung des eigenen Lebens zu verlieren. Und da sind wir in Deutschland ganz vorn mit dabei. Arm bedeutet Sklave zu sein. Unabhängig wie die Wirkstruktur der Sklaverei ist.