the observer schrieb am 20.12.2016 23:42:
Ich würde es anders ausdrücken. Keine Theorie ist endgültig, aber manche Theorien sind besser untermauert als andere, manche sind in sich widersprüchlich und deshalb schon denklogisch falsch, und manche sind durch Experimente widerlegt und daher vorläufig falsch.
Eigentlich sollten die "denklogisch falschen" Theorien keinen Bestand haben, ja gar nicht erst aufgestellt worden sein, denn eine der Forderungen an das Erstellen von Theorien, eine der Regeln fordert ihre logische Konsistenz, Widerspruchsfreiheit, Notwendigkeit, Vollständigkeit. Ist das nicht von Anfang an gegeben, dürfte die Theorie gar nicht erst Einzug ins Wissenschaftsgebäude halten.
Einverstanden. Wobei ich eher (auch inspiriert von dem, was Du weiter unten schreibst), von der Wissenschaftsbaustelle sprechen würde.
Und man verwirft keine Theorie, nur weil sich durch empirische Forschung oder Experiment Erkenntnisse ergeben, die mit der Theorie nicht übereinstimmen. Denn dann müßte das Standardmodell der Astronomie verworfen werden, denn es erklärt nicht das Problem der dunklen Materie und der dunklen Energie. Und, sollte es sich erweisen, daß die Erforschung der dM und dE zur Entdeckung neuer Elementarteilchen führen, müßte man das Standardmodell der Teilchenphysik gleich mit entsorgen. Solche umfassenden Theorien würde ich auch eher nicht als falsch, sondern als unvollständig bezeichnen.
Auch hier völlig einverstanden.
Nein, Theorien dürfen ruhig die eine oder andere Lücke oder Widersprüche beinhalten, wenn sie ansonsten gute und belastbare (in Sinne ihrer Anwendbarkeit in der Praxis) Erklärungen liefern.
Richtig. Baustelle eben, oder wie Adenauer in einem etwas unappetitlicheren Zusammenhang sagte: "Man schüttet das schmutzige Wasser nicht weg, solange man kein sauberes hat"
Lehnt er damit wirklich die Methode ab, oder weist er nur auf eine Schwäche der Methode hin, um uns daran zu erinnern, dass unser Wissen immer unter Vorbehalt steht?
Du kannst es ja selbst nachlesen. Er spricht gleich vorn in der Einleitung über die Induktion von einer "weitverbreiteten, von uns aber nicht geteilten Auffassung". Wobei mir unklar ist, wofür der Plural steht.
Andererseits spricht Popper von einem Bewährungsgrad: Je häufiger eine Theorie ihrer Widerlegung widerstanden hat, um so größer wird ihr Bewährungsgrad. Das ist aber nichts weiter als eine Einführung der Induktion durch die Hintertür: Je mehr Einzelbeobachtungen, je mehr Einzelexperimente mit der Theorie übereinstimmen (sie nicht widerlegen), umso zuverlässiger ist der Schluß vom Einzelnen aufs Allgemeine - die Methode der Induktion.
Ja, das passt zu meinem Verständnis. Er sagt also, Induktion kann maximal 99.999... Prozent Sicherheit liefern (ohne jetzt auf die grundsätzliche Unmöglichkeit der Berechnung einzugehen), aber nie 100%.
Ich meine, da wollte Taleb auf andere Aspekte hinweisen. Wahrscheinlichkeitstheorien beschäftigen sich eher mit der Zufälligkeit, der Wahrscheinlichkeit bzw. dem Grad der Unvorhersehbarkeit seltener Ereignisse und ihrer folgen; da geht es um Statistik.
Die aber natürlich eng mit erkenntnistheoretischen Fragen zusammenhängen.
Du hast recht; der Urknall selbst gehört nicht zur gleichnamigen Theorie; das kann unsere Physik nicht liefern. Wir können sie unmöglich falsifizieren, weil es nur ein Universum gibt, das wir untersuchen können, und weil das sich nicht unseretwegen noch einmal in seinen Ausgangszustand begibt, nur damit wir es empirisch untersuchen können. Wir können nur Teilaspekte untersuchen, wie etwa die von der Theorie vorhergesagte und tatsächlich vorgefundene Hintergrundstrahlung.
Auch da sind wir uns einig. Ich habe den Eindruck, wir meinten von Anfang an etwas ähnliches, aber mit leicht unterschiedlichen Schwerpunkten und Zungenschlägen.
Gruss
Klaus