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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

Vertrauen

Eine Fleissarbeit, die eine Vielzahl bekannter Positionen sammelt und damit ein Bild des intellektuellen status quo der westlichen Kultur zeichnet.

Mag sein, dass es sich noch ändert, aber der ganze Effort krankt an der einleitend eingeführten binären Sehweise. Oder genauer, der Vorstellung, der Mensch habe so etwas wie eine feste Natur. Sei also auf Konkurrenz geeicht oder eben sozial. Das ist ein fataler Fehlschluss, der alle darauf folgenden Überlegungen in eine falsche, unfruchtbare Richtung lenkt.

In Wirklichkeit sind Menschen äusserst anpassungsfähig, sie schmiegen sich an die vorgefundenen Verhältnisse an. Nicht vollständig, nicht alle, aber weitgehend und vorwiegend. Das Sein bestimmt das Bewusstsein, und mehr noch, auch das Unbewusste, in den Tiefen zwecks Entlastung Abgeheftete. Ein Kind, das in seiner Sozialisierung laufend erlebt, das ihm nicht geglaubt wird und dass Ältere viel lügen, um ihre Ziele zu erreichen, etwas später zu verstehen beginnt, dass das wichtigste im Leben materieller Vorteil sei, wird die entsprechenden Schlüsse ziehen. Wenn es nicht zufällig zu den Wenigen gehört, das eine wie auch immer geartete Motivation zum Hinterfragen von Dingen und zu fundamentaler Opposition hat, wird daraus schliesslich ein ganz vergleichbar tickender Erwachsener.

Was tief überzeugt ist nicht die Ansprache, sondern die Tat. Es kommt der Moment, in dem man Menschen, die sich offensichtlich erwartungswidrig verhalten, als Ausnahmen einordnet, also am Grundgerüst der eignen Vorstellungen nichts mehr ändert. In den letzten 30 Jahren hat sich die kapitalistische Gesellschaftsordnung weiter vertieft, ausgebreitet und radikalisiert. Das ging einher mit einem allgemeinen Vertrauensverlust, das Verfeindungsdenken kommt schnell in die Gänge. Eine solche Gesellschaft politisch zu managen ist sehr schwierig, an einem Punkt der Entwicklung praktisch unmöglich. Konzepte wie 'Nudging' sind gut gemeint und funktionieren auch bis zu einem gewissen Punkt, sind aber, als Form von Manipulation, die den Vertrauensschwund zu kompensieren sucht, ein Indiz für ein Problem.

Agonistik hat im menschlichen Leben Bedeutung, wie in jeder in Verbänden lebenden Art, aber wenn sie hypertrophiert, verursacht sie einen Vertrauensschwund, der die soziale Kohäsion langsam aber sicher zerstört und damit das gesellschaftliche Leben anstrengend macht, schliesslich nahezu unerträglich.

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