Die Digitalisierung der gesamten Gesellschaft, die ein unbegrenztes Potential für die Automatisierung aller relevanten Produktionsprozesse ermöglicht, führt zu dem Hauptproblem der Gegenwart. Diese neuen Technologien produzieren freie Lebenszeit, das ist diejenige Lebenszeit eines Menschen, die außerhalb der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit liegt. Wenn z.B. einst (d.h. in relativ naher Zukunft) 10% der heutigen Arbeitszeit insgesamt nötig ist, um die Lebensbedingungen der gesamten Gesellschaft zu reproduzieren, dann kann die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit von heute 40 Stunden Arbeitszeit pro Woche auf 4 Stunden reduziert werde. Die Bedeutung dieser freien Lebenszeit ist enorm, denn das ist dasjenige Medium, in welchem der Mensch seine schöpferischen Kräfte und Anlagen voll entfalten kann. Ferner lässt sich mit Sicherheit ein Konzept entwickeln, so dass einerseits die freie Lebenszeit wächst, gleichzeitig der Verbrauch an materiellen Ressourcen - vor allem im Sinne des Schutzes der Natur – bei vernünftiger Organisation und Planung - begrenzt wird. Man kann den kulturellen Wirkungsgrad einer Gesellschaft daran messen, in welchem Umfang die freie Lebenszeit in Werke der Kultur und Wissenschaft umgesetzt wird. Die Kultur der alten Griechen erscheint uns heute als mustergültig, und jene Philosophen und Dichter (Aristoteles, Platon, Aischylos, Euripides, ….(eine lange Liste) erhielten diese freie Zeit (die sogenannte Muße) durch die Arbeit der Sklaven, die heute durch die Roboter ersetzt werden kann. Aristoteles ist damals keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen, sondern er war frei schöpferisch tätig. Wir müssen eine klare Unterscheidung zwischen freier schöpferische Tätigkeit und Erwerbstätigkeit einführen. Die heutige Zeit ist reif, von der Erwerbstätigkeit zu einer freien schöpferischen Tätigkeit überzugehen. Wer das nicht verstanden hat, lebt bereits in der Vergangenheit.
Noch ein Gedankenexperiment: Nehmen wir an, Aristotles wäre in unsere heutige Zeit versetzt und würde unsere Gesellschaft analysieren. Er würde schnell erkennen, dass die damaligen Sklaven die heutigen Roboter sind. Er würde dann fragen, warum nutzen diese Menschen nicht ihre freie Zeit Zeit, um interessante Werke zu schaffen? Er würde auch fragen: Was ist ein akademisches Prekariat? Das sind doch ausgezeichnet ausgebildete Leute, die könnten doch – frei von irgendwelchen Belästigungen- ihrer Forschung nachgehen. Bei einer 4 h-Woche ist das doch alles machbar. Ich vermute, dass Aristoteles unsere (kapitalistische) Gesellschaft als eine Gesellschaft von Geisteskranken ansehen würde.
Meine Betrachtung ist so einfach und elementar, dass ich mich wundere, dass sie nicht im Zentrum der gesamten Politik steht. Oder sind die vermeintlich normalen Leute (diejenigen die sagen, dass es keine Alternative gibt - die VWL des Mainstreams und ihre Wirtschafts"weisen") vielleicht schon völlig verrückt geworden? Wir leben in einer Zeit, in der das vermeintlich Normale (TINA= There Is No Alternative) das Verrückte, und das von den heute herrschenden Dummköpfen betrachtete Verrückte das Vernünftige, und damit das Normale ist.
Ferner hier ein Link über das Hereinbrechen einer primitiven Vorzeit in die Gegenwart: Das Fetisch-Denken. Wollen wir hoffen, dass dieser Unsinn bald beendet wird.
https://youtu.be/cI2Oniil5zw?t=2369#Fetisch
Gespräch mit:
Philipp Felsch (Humboldt Universität)
Dr. Patrick Eiden-Offe