blu_frisbee schrieb am 12.05.2021 17:37:
morgen Stern schrieb am 12.05.2021 15:18:
blu_frisbee schrieb am 12.05.2021 12:59:
¹ An der Stelle will der Kapitalist alles was geht über potentielle Käufer wissen.
Blöderweise isses nie genug für die Produktivität.
Am Ende, schrob Marx, ist das einzige Hindernis fürs Kapital das Kapital selbst.Ist vielleicht ein bisschen sehr assoziativ, aber mir geht dabei irgendwie die fünfte Fußnote durch den Kopf:
In der bürgerlichen Gesellschaft herrscht die fictio juris, daß jeder Mensch als Warenkäufer eine enzyklopädische Warenkenntnis besitzt.
(zitiert nach http://www.mlwerke.de/me/me23/me23_049.htm#Z5)
Mit dem Internet ließe sich diese juristische Fiktion ja potentiell in eine gesellschaftliche Wirklichkeit überführen - wobei Marketing in der Regel das genaue Gegenteil bezweckt. Würden wir diesem Pfad folgen, ließe sich prinzipiell die komplette Fetischsphäre mit dem Licht der Aufklärung durchdringen, kritischen Konsum z. B. zumindest für die ermöglichen, die über ausreichende Mittel verfügen.
Afaik besteht der Fetischcharakter darin daß Wert als Gebrauchswert erscheint.
Nu ist Wert ein gesellschaftliches Verhältnis (der Arbeitsteilung unterm Diktat des Eigentums), Gebrauchswert hingegen physisch.
Der Wert bewegt sich während der Warenkörper identisch bleibt, es gibt je nur den einen.
Die in den Hirnen der Beteiligten resultierenden Vorstellungen sind der Warenfetisch.
Fetisch hängt am Warenkörper aber dort ist der nicht (sondern im Hirn der Beteiligten
und darüber vermittelt in ihrer gesellschaftlichen Praxis).
Womit ich bloß sagen möchte, dass ich falsch fände, den Fetischbegriff irgendwie einer der beiden Seiten Materialität vs. Idealität zuzuschlagen. Er ist beides, materielle Praxis und fiktionale Deutung, Vermittlungsbegriff.
Die Vorstellung, daß man den Fetisch töten könnte wenn man den Gebrauchswert transparent macht ist falsch, er hängt an der Arbeitsteilung die nicht transparent und auch nicht totzukriegen ist solang die Sache Warenform hat.
Marx argumentiert, daß man die Arbeitsteilung transparent machen müsse die dann im Geld als eigenständige Form erscheint, also die Vorstellung daß man Geld durch Arbeitswertzettel ersetzen müsse.
Hatte ich zwar nicht ausgeführt, aber im Kontext von kritischem Konsum mitgedacht, der, wenn denn irgendwie sinnvoll, nicht bloß auf die Produkteigenschaften abhebt und beispielsweise die vernutzten Rohstoffe, sondern auch auf die Produktionsweisen, z. B. Kinderarbeit nicht so schick findet ...
Die Marxinterpretation der Wertkritik lautet, daß Marx nur wiedergibt was die bürgerlichen Ökonomen denken und selber nicht so gedacht hätte.
Da gibts andere Stellen bei Marx die zeigen daß er den Gedanken durchaus ernst statt ironisch gemeint hat.
https://www.youtube.com/watch?v=cI2Oniil5zw&t=3800s
Ich habe nur ein paar Minuten reingehört, scheint mir auf die Kommensurabilität des Inkommensurablen hinauszulaufen: Unvergleichliche konkrete Nützlichkeit und konkrete Tätigkeit wird im Tausch praktisch verglichen. Bei Adorno ist das ein Kerngedanke.
Wobei sich mir deine Formulierung hinsichtlich Wertkritik nicht recht erschließt: Marx kritisiert den Gegenstand halt, indem er ihn als in sich prozessierende Totalität (reelle Subsumtion unter die Kapital(re)produktion des Weltmarkts) in den Blick nimmt, während die bürgerliche Ökonomie kaum viel mehr tut, als affirmativ über Saysches Theorem, Pareto-Optima und in BIP aggregierte Preise herumzustottern. Ich sehe nicht, dass Marx da bloß etwas wiedergeben würde. Eigentümlichkeiten der Äquivalentform, Fetischcharakter und Gesellschatlichkeit tauchen ja nicht zufällig bereits im ersten Kapitel auf: Der Unterschied ums Ganze ist von Beginn der kategorialen Entwicklung an klar (wenn auch nicht im eigentlichen Sinne begreifbar, weil halt konstitutiv undurchsichtig).
Mir ist allerdings auch unklar, was "die Wertkritik" eigentlich sein soll.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wertkritik
verortet da wesentlich bloß die Krisis, stellt die mir jetzt weniger bekannten Teile der Neuen Marx-Lektüre dem als Kritiker gegenüber und hängt sich bloß an der mir völlig überbewertet erscheinenden, modischen Frage auf, ob das Proletariat revolutionäres Subjekt sei. Das leuchtet mir kaum ein, Reichelt und insbesondere Backhaus z. B. erscheinen mir aus systematischer Sicht viel wertkritischer als z. B. Kurz, der das aber rhetorisch und historisch prägnanter zu fassen wusste. Naja, diese ewigen Dispute zwischen Volksfront von Marx und Marx'scher Volksfront halt ...
Letztlich kann man den Fetisch nur totschlagen wenn die Menscheit als Ganze den Planeten mit Produktionsmitteln als Allmende verwaltet.
Wie man dann die Arbeitsteilung organisiert ist dann immer noch ungeklärt.• Entweder, man schmeißt die auf den Computer, da müßt ma viel messen, der Computer sagt die Leut was sie arbeiten müssen, der elektronifizierte Sozialismus aus dem Computer, Cockshott/Cottrell.
Weiß nicht ab sich die Leut von der Maschin was sagen lassen. Die Planwirtschaft auf Zettel des real existierenden Sozialismus war jedenfalls nicht effizient. U.a. weil sie die Arbeiter demotiviert hatte, erst arbeiten, dann abliefern, der Staat verteilts wohlwollend.
Leider gabs zu wenig zum Verteilen so daß draus ein Zurechtkommen mit dem Mangel wurde.
An der Stelle macht Hayek einen Punkt, den er verabsolutiert.• Oder man haut die Komplexität klein um sie beherrschbar zu machen, die Weltökonomie organisiert als 5 Millionen Dörfer.
Dazu das Gödeltheorem, sobald die Programmiersprache mächtig genug ist sinnvolle Programme zu schreiben sind auch unentscheidbare möglich. Der Teufel spitzt aus nie erwarteten Ecken.
Ich würde ja lieber den ganzen scheiß langen Marsch des Sozialismus in den Verein freier Menschen überspringen und weise daher zumindest mal darauf hin, dass bei deinen Vorstellungen irgendeine Form gesellschaftlicher Strukturierung der Individuen in jedem Fall konstitutiv bleibt, während
in der kommunistischen Gesellschaft, wo Jeder nicht einen ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich in jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden.
(zitiert aus http://mlwerke.de/me/me03/me03_017.htm#S33)
Dass die Gesellschaft regelt, während die sie konstituierenden Individuen nach Lust und Laune dies und jenes machen, erscheint ziemlich widersprüchlich, ist aber substantiell für die Vorstellung vom Verein freier Menschen, in dem jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen gilt: Die Summe ist mehr als ihre Teile, zumal der historisch gewonnene Stand der Produktivkräfte Startbasis wäre - also sein könnte, wenn der Imperialismus nicht wäre, der im Zweifelsfall vermutlich eher den Planeten sprengt als so etwas zuzulassen.
Bedingungsloses Grundeinkommen und möglichst noch bedingungsloses Wirtschaftseinkommen erscheint mir noch immer als der beste Pfad, der dorthin führen könnte, weil es den Sprung dorthin qualitativ bereits machen würde (Befreiung vom Zwang zur Arbeit, stattdessen Freiheit zu Tätigkeit), bloß quantitativ noch nicht im vollen Maß (Eigentum bleibt grundsätzlich unangetastet, wenn auch selbstverständlich massiv zur Finanzierung des Grundeinkommens gesellschaftlicher Regie unterworfen).