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  • Klaus N

mehr als 1000 Beiträge seit 28.09.2004

Re: Fülberth suspendiert systemische Krise

morgen Stern schrieb am 16.05.2021 15:47:

Klaus N schrieb am 16.05.2021 12:25:

morgen Stern schrieb am 14.05.2021 08:40:

Investment dürfte ja nur Erweiterung der Produktionsmittel erfassen, soweit diese Erweiterung von außen eingekauft wird. Was aber findet an Erweiterung und Ersatz innerhalb der Unternehmen statt? Und zählt Ersatz von außen überhaupt als Investment, wo BWL ja eher über Abschreibungen nachdenken würde?

Nein, das was in der zitierten Quelle steht beinhaltet Ersatz und Erweiterung, egal ob gekauft oder selbsterstellt. Das ganze wird relativ mühsam und sorgfältig für die Aufstellung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ermittelt.

Grössenordnungen für Deutschland siehe hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bruttoinlandsprodukt#Arten_der_Berechnung

Wir haben also in Deutschland 440 Mrd. Bruttoinvestitionen (ca. 18% des BIP/GDP)
und 345 Mrd. Abschreibungen. Ergibt Nettoinvestitionen von 100 Mrd.

Danke. Mir ist so, als hätte ich das schon mal gewusst, aber wieder vergessen. Aus irgendeinem mir unklaren Grund habe ich bei Abschreibungen immer einen Konten im Kopf.

Hm, mein Luxuskonsum-Ansatz erscheint mir irgendwie nicht zielführend. Sag mal an, ob du Ausbeutungsrate quantifizieren könntest, bitte.

Mein Pi-mal-Daumen-Ansatz wäre gerade der:

Ich nehme mal aktuellere Zahlen, S. 331 in

https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Jahrbuch/statistisches-jahrbuch-2019-dl.pdf;jsessionid=9A25E7EF841059F959B44BDF3D288E8A.live721?__blob=publicationFile

in Mrd. Euro:
Private Konsumausgaben: 1 775,9
Konsumausgaben des Staates: 661,2
Bruttoinvestitionen: 719,7

Arbeitnehmerentgelt: 1 746,1
Unternehmens- und Vermögenseinkommen: 785,9

Auf komplexe Überlegungen habe ich gerade keine Lust und postuliere der Einfachheit halber mal, dass sich Bruttoinvestitionen ausschließlich aus Unternehmens- und Vermögenseinkommen speisen, Kapitalistenlohn nicht existiert, Arbeitnehmentgelte unmittelbar verkonsumiert werden und sich die Konsumausgaben des Staates im gleichen Maße zum Nutzen der jeweiligen Klassen verteilen wie bei Betrachtung ohne Staat.

Als allererste Annäherung geht das wohl, aber:
Unternehmens und Vermögenseinkommen sind zu hoch angesetzt, weil das Statistische Bundesamt es nicht separat ermittelt. Damit ist auch anderes darin enthalten, wie zum Beispiel die Schattenwirtschaft (Schwarzarbeit und Kriminalität). Ebenso sollte man den Kapitalistenlohn nicht vernachlässigen. Die Selbständigen leisten immerhin rund 10% der gesamten Arbeitsstunden in Deutschland, und das ist auch im Unternehmenseinkommen enthalten.

Auch das mit der Sparen und Konsum ist nicht ganz so einfach. Zwar nimmt die Sparquote mit steigendem Einkommen zu, aber auch die mittleren Einkommen sparen einen signifikanten Teil ihres Einkommens. Vereinfacht: wenn 30 Millionen mit einem Einkommen von 30.000 Euro 5% ihres Einkommens sparen, kommen dabei 45 Milliarden raus, wenn 1 Million Reiche mit einem Einkommen von 100.000 45% sparen kommen eben auch nur 45 Mrd. raus.

Dann wäre die Ausbeutungsrate als das Verhältnis von Mehrarbeit zu notwendiger Arbeit in Preisen schlicht bestimmbar als Verhältnis der Verteilungsrechnung:

785,9 / 1.746,1 = 45 %.

Hm, ich hätte als Vorurteil mehr als 100 % geschätzt und frage mich jetzt, inwieweit die Gehälter leitender Angestellter für ein realistischeres Bild nicht aus dem Nenner in den Zähler verschoben werden müssten ...

Oder Du müsstest Dein Vorurteil korrigieren :-)

Aber stimmt, ein Teil des Gehalts leitender Angestellter (vor allem Boni) könnte als Gewinneinkommen betrachtet werden.

Aber selbst wenn Du das berücksichtigst, kommst Du wahrscheinlich nicht auf 100%.

Als nicht-Marxist würde ich natürlich anders rechnen:

Mit Kapital kann man mehr produzieren als ohne. Also ist es sinnvoll Kapital einzusetzen, und sogar sinnvoll, das Kapital für seine produktivitätssteigernde Wirkung zu entlohnen.

Wir haben in Deutschland ein Sachanlagevermögen von rd. 20 Billionen.
https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Volkswirtschaftliche-Gesamtrechnungen-Inlandsprodukt/anlagevermoegen-vermoegensrechnung.html

(Geldvermögen berücksichtige ich nicht, weil Geldvermögen nichts produziert). Wenn ich unterstelle, dass jemand nur dann produktiv investiert, wenn er im Durchschnitt eine Rendite von 3% erwirtschaftet, müsste also dieses Vermögen jährlich 600 Milliarden Einkommen generieren. Nicht soo verschieden von der tatsächlichen Situation.

Aber ich weiss, Marxisten denken anders :-)

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