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mehr als 1000 Beiträge seit 07.01.2000

das GG fordert nicht nur formale, sondern auch inhaltliche rechtsstaatlichkeit

kp7 schrieb am 3. April 2003 18:12

> Prinzipiell kann man zwei Argumentationsketten verfolgen; einmal die
> streng juristische. Derzufolge hat die Bundesregierung evt. gegen dt.
> Gesetze verstoßen. Dies festzustellen, ist Sache des
> Generalbundesanwaltes. Lehnt dieser Ermittlungen ab, ist die
> juristische Schiene tot.

und genau das ist der knackpunkt:
laut GG ist u.a. auch die bundesregierung an recht und gesetz
gebunden.
mittels der institution "generalbundesanwalt" wird sie jedoch
effektiv von dieser pflicht entbunden.
somit steht - zwar nicht formal, aber de facto - die deutsche
regierung ueber dem gesetz. es steht in ihrem belieben, sich an recht
und gesetz zu halten oder auch nicht. juristisch zur rechenschaft
gezogen werden kann sie nicht.

mithin ist das gegenwaertige deutschland nur formal, nicht aber auch
inhaltlich ein rechtsstaat.

es bleibt nur zu hoffen, dass jene aufstrebenden nationen, die sich
zur zeit grosse muehe geben, ihr rechtswesen zu reformieren, sich am
deutschen beispiel *kein* beispiel nehmen, auf dass die deutschen
eines tages eine auch inhaltlich rechtsstaatlich ausgestattete
gesellschaft zu sehen bekommen - wenn auch nur von aussen.


> Im Prinzip der gesamten dt. Bevölkerung

nein, so boese war ich nun doch nicht:-)
"einer mehrheit der deutschen waehler" schrieb ich.
nicht "der gesamten deutschen bevoelkerung", nicht "der gesamtheit
der deutschen waehler", nicht "der mehrheit der deutschen waehler",
sondern lediglich "einer mehrheit der deutschen waehler". ich habe
mich also deutlich im zaum gehalten:-)

> demokratische Unreife zu
> attestieren, nur weil diese sich nicht in der von Dir gewünschten
> Form (wie denn eigentlich??? Revolution?) verhalten,

ich habe keine wuensche dieser art. eine jede mag tun und
unterlassen, was auch immer ihr gerade in den sinn kommt.
aber ich nehme mir die freiheit, zu kommentieren und zu bewerten.
notfalls wandere ich fuer diese freiheit auch aus. mir reichen die
jahrzehnte der bevormundung durch in aller regel schlechter
informierte und/oder uebler wollende als meine wenigkeit.

im vorliegenden fall habe ich mir festzustellen erlaubt, was ohnehin
auf der hand liegt, jedoch in klammheimlicher uebereinkunft
deutschlandweit als tabu gehandhabt wird:
die nichtbeschaeftigung mit dem problem der faktischen
extra-legalitaet einer exekutive, die sich mittels eines ihr
gegenueber weisungsgebundenen generalbundesanwalts
handlungsspielraeume jenseits des gesetzlichen rahmens freihaelt,
ohne jemals befuerchten zu muessen, sich gerichtlich verantworten zu
muessen.

die deutsche regierung darf zwar nicht, aber sie kann gesetzeswidrig
handeln.
dass diese problematik ein nicht-jurist und keinerlei oeffentliche
position bekleidender einfacher mensch wie ich zu sehen vermag,
jedoch so gut wie alle die hochqualifizierten, hochdotierten
persoenlichkeiten des oeffentlichen lebens, zumal jene, die eine
besondere treuepflicht gegenueber dem grundgesetz gelobt haben,
sich augen, ohren und muender zuhalten,
das ist *bemerkenswert*.

> ist, gelinde gesagt, unvorsichtig. Demokratie ist weder vom Kenntnis- /
> Bildungsstand des Wählers abhängig.

dass unschuldige nicht getoetet werden duerfen, leuchtet gerade den
"ungebildeten" unmittelbarer ein als akademisch geschulten sophisten.
dass der GG-artikel 20(3) 
"Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung,
die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind
an Gesetz und Recht gebunden"
eine inhaltliche und nicht nur formale bedeutung hat, welche letztere
von einem lakaien nach gutduenken inhaltlich ausgelegt werden darf,
das leuchtet gerade menschen "niederen bildungsstandes" unmittelbarer
ein als den studierten wortschoepfern einer "putativen notwehr".

eine verfassung, ein grundgesetz, das fuer den groesseren teil der
bevoelkerung missverstaendlich waere, das nur fuer "experten"
verstaendlich waere, waere kein einer demokratie angemessenes
rechtliches fundament.
sondern ein machwerk, das ausschliesslich den interessen einer
minderheit der bevoelkerung diente.

> Oder plädierst Du für eine Prüfung zur Wahlzulassung?

nein.
allerdings plaediere ich fuer die aberkennung des aktiven und
passiven wahlrechts fuer alle, die das toeten unschuldiger
praktizieren, befuerworten oder fordern, sowie auch fuer alle
todesstrafenbefuerworter.

dass die deutschen von dieser anregung keinen gebrauch machen werden,
ist abzusehen.
zum glueck gab es, gibt es und wird es immer gesellschaftlich weiter
entwickelte gesellschaften geben.

fjr

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