ist in den vergangenen Jahren wesentlich von der Politik der Regierung in Kiew begünstigt worden. Das hat, so merkwürdig es klingen mag, eine Menge mit der äußeren Orientierung des Landes zu tun. Die Verknüpfung von Außen- und Innenpolitik in der Ukraine und die Auswirkungen dieser Verknüpfung auf die Rechte lassen sich genaugenommen seit den frühen 1990er Jahren beobachten - also seit der Zeit, als die heutige Ukraine entstand.
Die Tradition der ukrainischen NS-Kollaborateure - der "Organisation Ukrainischer Nationalisten" (OUN), ihres Anführers Stepan Bandera sowie ihres militärischen Flügels, der "Ukrainischen Aufstandsarmee" (UPA) - war vor allem in der Westukraine, in Galizien, wo diese Bewegung ihre historischen Ursprünge hatte, nie völlig verschwunden.
Das Konfliktpotenzial, das sich da abzeichnete, trat ganz offen zutage, als 1992 prorussische Kräfte auf der Krim für die Abspaltung der Halbinsel von der Ukraine demonstrierten und kurzzeitig auf Erfolgskurs zu sein schienen. Die extreme Rechte vor allem aus der Westukraine agitierte damals dagegen und mobilisierte auf die Krim. Nach dem Umsturz Anfang 2014 sollte die Furcht vor einem erneuten Eindringen der westukrainischen Neofaschisten zum Erfolg des dortigen Abspaltungsrefendums beitragen.
Im Oktober 2009 einigte sich die ukrainische Regierung auf eine Konzeption zur „national-patriotischen Erziehung der Jugend“, die die UPA zu einem Vorbild für den ukrainischen Nachwuchs erklärte.
Bereits im Herbst 2014 operierten in der Ostukraine mehr als 10.000 Freischärler, die sich in über 30 Freikorps zusammengeschlossen hatten, darunter etwa ein Bataillon des "Rechten Sektor" vom Maidan sowie das berüchtigte Bataillon Asow. Letzteres erregte schon 2014 international einige Aufmerksamkeit, weil es ganz offen mit Nazisymbolik auftrat - mit Wolfsangeln, SS-Runen, zum Teil mit Hakenkreuzen - und weil es auch Neonazis aus Westeuropa in seinen Reihen aufnahm.
Die antirussische Agitation in der Ukraine, die extreme Rechte und die staatliche Politik - sie griffen in den Jahren seit 2014 wie Zahnräder ineinander. Während der Kampf gegen alles Russische auf sämtlichen Ebenen forciert wurde - eines der prominentesten Beispiele ist das hartnäckige Vorgehen gegen den Gebrauch der russischen Sprache -, werden die OUN, die UPA und OUN-Führer Bandera in der heutigen Ukraine staatlich geehrt. Seit 2019 wird zu Neujahr ganz offiziell des Geburtstags von Bandera am 1. Januar 1909 gedacht. Die alte Grußformel der OUN und der UPA - „Slawa Ukraini, herojam slawa!“ („Ruhm der Ukraine, den Helden Ruhm!“) -, die während der Maidan-Proteste neue Popularität gewann, ist seit 2018 offizielle Grußformel in Armee und Polizei.
Und wenngleich Rechtsaußenparteien bei der jüngsten ukrainischen Parlamentswahl erfolglos blieben - dies übrigens auch, weil ihre politische Orientierung in mancherlei Hinsicht längst von den etablierten Großparteien adaptiert wurde: „Die außerparlamentarische Macht der extremen ukrainischen Rechten“, so bilanzierte es der ukrainische Soziologe Wolodymyr Ischtschenko schon 2018, „ist von einer in ganz Europa einzigartigen Stärke.“