Sowohl Bauern als auch Kunden verhalten sich als der vom (neoliberalen) Kapitalismus postulierte "homo oeconomicus", das heißt sie treffen rationale Entscheidungen basierend auf dem daraus resultierenden Einkommen bzw. Warenpreis.
Es ist ganz selbstverständlich, dass jedes Großunternehmen der Welt nur und ausschließlich nach der Maxime der Profitmaximierung handelt. Wenn das Menschenleben kostet (z.B. im Bergbau in Entwicklungsländern), dann ist das eben so, wenn das Umwelt zerstört (z.B. Regenwald), dann ist das eben so, wenn das die Zerstörung der Sozialstandards in einem Land bedeutet (BRD), dann ist das eben so. "Die Märkte" kennen keine Ethik, kennen keine Moral, sie kennen nur den geheiligten Profit für ihre Aktionäre, es gibt nur ein Verbrechen, nämlich irgendein Verbrechen nicht zu begehen, das zu mehr Gewinnen für die Aktionäre führen könnte.
Und jetzt heißt es: Ja, die Bauern und die Verbraucher dürfen sich natürlich nicht als Marktteilnehmer verhalten. Die sollen sich zwar täglich um die Brotkrumen kloppen, die die Konzerne unter ihren Tisch fallen lassen und die restlichen paar Euros aufs sparsamste einsetzen, aber sobald sie den Supermarkt betreten, ruht alle Verantwortung der Welt auf ihren Schultern und dürfen sie nicht Kosten noch Mühen scheuen, sondern müssen ihr oft sauer verdientes Geld jetzt für die Rettung der Umwelt opfern.
Merkt niemand, dass hier zwei völlig verschiedene Verhaltensweisen gefordert werden, im Falle des Konsumenten sogar in einer Person? Einerseits gnadenloser Konkurrent seines Mitmenschen, der jeden Tag versucht alle anderen auszustechen und im nächsten Moment soll er hochedelster Idealist sein, der das seinen Mitmenschen brutal abgejagte Geld für das Allgemeinwohl auf den Kopf kloppen soll. Ganz logisch, oder?
Nein, das ist kein Zufall, das ist Absicht. Diese und ähnliche Doppelbotschaften ("sei edel, sonst bist du Schuld an allem", "sei knallharter Egomane, sonst endest Du als Looser") führen letztlich zur Resignation des Empfängers, da egal, was er macht, er es immer falsch macht. Resignation ("ich kann ja nichts tun") und Apathie ("mir egal") ist aber für die Bevölkerungskontrolle ebenso wichtig wie Infantilisierung ("wenn ich eh nix machen kann, gucke ich halt RTL, hab ich wenigstens 'n bissel Spaß"). Nachzulesen ist das in elaborierter Form beim Kommunikationsforscher Rainer Mausfeld (Buch "Wieso schweigen die Lämmer?").
Ist der Verbraucher damit raus aus seiner Verantwortung? Nein. Denn er kann sich ja für ein System entscheiden, das nicht der Profitmaximierung der Konzerne (und damit dem Reichermachen der Superreichen) allerhöchste Priorität einräumt, sondern dem Wohl der Bevölkerung dient. Aber mit kosmetischen Korrekturen wird sich auf lange Sicht nichts ändern, auch kein Ausschimpfen der Bauern, ja nicht mal eine konsequente Förderung nachhaltiger Landwirtschaft.