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  • Species 8472

mehr als 1000 Beiträge seit 11.10.2013

Die Realität ist wohl ein bisschen differenzierter

Teenager die sich gegen ungerecht empfundene Maßnahmen der Eltern aufregen sind vernunftbegabter als der typische Coroamassnahmenkritiker.

Wer ist denn "der typische Corona-Maßnahmenkritiker"? Ich sehe da - bedauerlicherweise - einen bunten Strauß; nicht beginnend bei jenen, die behaupten, es gäbe gar keinen Virus; und nicht endend bei jenen, die in den Maßnahmen vor allem ein schier allumfassendes Versagen der Hohen Politik sehen.

Sich nur auf einige, wenige dieser Kohorten zu konzentrieren, ist genauso kontraproduktiv, wie zu glauben, das Wahre Licht(tm) sehen zu können, während "die Anderen" ja nur im Dunklen herumtappen.

Freiheit ist ein schöner Zustand.

Wohl wahr, ... also wenn wir "Freiheit" ähnlich definieren.

Mal eine Frage; vielleicht hilft's beim Denken:

Als das Virus Anfang des Jahres "den Westen überraschte", wusste man noch nicht allzu viel darüber: Man handelte ziemlich kopflos und zum Teil panisch.

Das kann man kritisieren, sollte man doch eigentlich annehmen, dass jene, die einen "Führungsanspruch" erheben, auch bei weniger schönem Wetter führen können; also überhaupt zur Führung FÄHIG sind. Man kann es aber auch gutmütig beiseite schieben und sagen: "Hey, Lernphase!"

Dann kam der Sommer. Man kannte die Risikogruppen. Man wusste um mögliche Maßnahmen. Allein: Es war ZU TEUER. 5 Milliarden für Schulen? Gar 7+ Milliarden zum Schutz der Alten, chronisch Kranken, etc.? Nicht, um das Virus loszuwerden; wohl aber um die Risiken zu senken und einen mit hoher Wahrscheinlichkeit im Herbst/Winter notwendigen zweiten Lockdown abzuwenden.

"Das Geld haben wir nicht!", war die Antwort der Herrschenden, "Wir haben schon alles für die Konzerne gegeben!"

Und in der Tat: 9 Milliarden hier, weitere Milliarden dort; ein paar Hundert Millionen für "bessere Rüstung" an anderer Stelle, waren problemlos machbar. ... Insgesamt rechnet der Bund mit sage und schreibe 1,5 Billionen - also 1.500 Milliarden - Euro Kosten. Dazu zählen sogenannte "haushaltswirksame Leistungen" (also im Wesentlichen "direkt ausgegebenes Geld") in Höhe von derzeit rund 620 Milliarden Euro, aber auch staatliche Garantien. (Und wir alle wissen aus leidiger Erfahrung: Wenn "der Bund" irgendwas mit "Kosten" schätzt, dann kann man problemlos verdoppeln, will man einen halbwegs realistischen Endstand abschätzen.)

Beispielhaft sei die "Corona-App" genannt: Mit rund 67,5 Millionen(!) Euro die meines Wissens mit großem Abstand teuerste relevante App überhaupt. (Vergleichbare und bessere Apps, die weltweit entwickelt wurden, kosteten die dortigen Steuerzahler einen Bruchteil.)

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Anyhow, all das hätte man ja noch irgendwie hinnehmen, ignorieren, ja, vielleicht sogar begrüßen können, hätte es wenigstens IRGENDWAS genutzt. Doch Pustekuchen! Das GEGENTEIL trat ein: Deutschland ist auf dem Weg zur roten Laterne. Gestern meldete man in Deutschland 805 Tote*. Nur Italien, Brasilien und - natürlich - die USA meldeten mehr. ... und das nach immerhin schon 1,5 Monaten "Soft-Lockdown".

*) https://www.worldometers.info/coronavirus/#countries

Und alles, was unserer Politik einfällt, ist das, was sich seit Jahrzehnten sogar in "Normalzeiten"; nun aber auch schon mehrfach in "Krisenzeiten" als nutzlos erwies: "Schiebt es den Konzernen in den Arsch! Gebt es den Reichen! Der Pöbel bekommt zum Ausgleich Restriktionen, Beschränkungen und warme Worte. ... 'Gürtel enger schnallen!', und so! Wir recyclen einfach, was wir sonst auch immer sagen."

Wenn also unser aller Heiland Söder konstatiert "Corona sei außer Kontrolle geraten", dann liegt das weniger an Corona, wie andere Länder beweisen, als an ihm und seinen Fürsten-Kollegen: Sie, und sie allein, regieren seit dem Beginn der Pandemie autoritär und in weiten Teilen sogar an den Parlamenten vorbei, also auch noch autokratisch.

Und dann wäre es eigentlich dringend an der Zeit, die Maßnahmen auf den Prüfstand zu stellen: Sind sie überhaupt geeignet? Oder spielt man vielleicht nur auf Zeit, wohl wissend, dass mit einsetzendem Tauwetter im nächsten Frühjahr sowieso "Besserungen" eintreten werden?

Beispiel: Wie war das noch? "Glühwein-Ausschank" muss verboten werden, weil das potenzielle Risiko einer Ansteckung/Verbreitung zu hoch ist?

Wenn der Frankfurter Bürgermeister kaum vier Tage vor dem "Hard-Lockdown" seine Einwohner noch mal zu einer "richtigen Shopping-Tour in der Innenstadt" aufruft und dafür die Preise des ÖPNV par ordre du mufti senkt, dann ist das - auch im Angesicht der Fallzahlen - ... Was? Eine kluge politische Entscheidung?

Die entschuldbare Tat eines Einzeltäters? Wirklich?

Wir WISSEN, dass jede "Zusammenrottung" Infektionsrisiken birgt. Deshalb darfst du ja nun auch nur noch 5-10 Leute treffen. Also am Stück. Und zu Hause. Nicht jedoch in der Bahn, im Bus ... oder ganz einfach "nacheinander".

Natürlich kann man die Menschen nicht bis ins Letzte überwachen (obwohl: man gibt sich bereits große Müße, es bald zu können). Doch das weiß man eigentlich vorher, oder?! Also wäre es vielleicht sinnvoll, sich Maßnahmen zu überlegen, die keine Stasi-Überwachung erfordern? Et voila! Da wäre er wieder, der "Schutz der Schulen, Altenheime, etc.", auf den wir leider verzichten mussten, weil ein zweiter "Lockdown für den Pöbel!" aus Sicht der Hohen Politik billiger ist... Denn dass er nicht "wirksam" ist, ist längst belegt. Er soll das Gefühl von "Verantwortung & Sicherheit" geben; und das macht er wohl auch. ... Zumindest bei den "Realitätsverweigerern". ;)

Disclaimer: "Realitätsverweigerung" finden wir in allen Lagern. Denn die Realität sollte sich an den Fakten messen lassen. Schon in der Bibel steht: "An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!" ... und das sollten sich ALLE Lager aufnacken: Jene, die glauben, wenn nur allein schon Merkel in Rente ginge, ginge das Virus mit, ebenso; wie jene, die glauben, ein - nachweislich bereits einmal nicht funktionierender - "Lockdown" würde nun irgendwas ernsthaft zum Positiven wenden; wäre gar eine "nachhaltige Strategie".

Oder kurz: Wenn die Medizin nachweislich nicht wirkt, hilft meist auch keine Erhöhung der Dosis. Vielmehr sollte man sich dann der Realität stellen und prüfen, ob es eine bessere Medizin gibt.

Es sei denn, ... nun, ... es sei denn, man ist Realitätsverweigerer. ;)

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