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  • tlm

1 Beitrag seit 19.03.2022

"Ethnien"-Politik seit Versailles und "Staaten zertrümmern"

Super, danke, Andreas Wehr!

Eine kleine Ergänzung, die mir in den Sinn kommt:

Sie stellen fest, dass diese Politik eine Konstante nicht nur bei Jugoslawien war:

Der Westen stellte sich in den jugoslawischen Bürgerkriegen stets auf die Seite der jeweils dominierenden Nationalität und unterstützte sie dabei, ethnisch einheitliche Staaten zu bilden. So war es in Slowenien, Kroatien, in Bosnien-Herzegowina, und so war es im Kosovo.

Mir fallen so gesehen auch Parallelen zur Politik seit Versailles ein. Auch damals 1918/19 wurden Grenzen nach einem ähnlichen Muster gezogen. Treibende Kraft waren damals m.E. die USA, doch bekanntlich auch (das jetzt bald ehemalige "Groß"-) Britannien und Frankreich. Hier ging es mit dem Ende einiger Monarchien (besonders der deutschen und österreichischen, jedoch auch der osmanischen und bulgarischen) 1918 auch darum, bspw. den "Vielvölker-Staat" Österreich-Ungarn als Großmacht, auch auf dem Balkan, zu zerteilen. Mit dem Ergebnis vieler der (süd-) osteuropäischen Staaten, die wir zum Teil heute kennen: bspw. die damalige Tschechoslowakei, die m.E. in den 1990ern dann (hier allerdings friedlich) nochmals zu Tschechien und Slowakei wurde. Schon damals vor und nach 1918 gab es zahlreiche Konflikte gerade der hier genannten Balkan-Staaten, aus denen dann als eine Art "Befriedungs-Projekt" der "Vielvölker-Staat" Jugoslawien (= übersetzt: Süd-Slawien) resultierte.

Viele der zum Teil kleineren (süd-) osteuropäischen Staaten jeden Falls sind ein Ergebnis der vom "Westen" 1918/19 betriebenen Politik der "Eigenständigkeit" bestimmter so gesehener "Völker" - mitunter auch nur so genannter ethnischer Mehrheiten in den so gezogenen Grenzen, so wie Andreas Wehr es hier beschreibt.

Ich beschreibe das hier nur; über die "Legitimität" des Vorgehens bei den jeweiligen Staaten-Gebilden möchte ich hier kein Urteil abgeben.

Ein anderer (Teil-) Punkt wäre dann m.E. die Politik des "Staaten zertrümmerns", wie sie hier 2012 an Hand der US-Politik in Nahost, Irak, Libanon usw. beschrieben wurde:

http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Nahost/westen.html
https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/artikel/188382.staaten-zertr%C3%BCmmern.html

Mit dem so zusammen gefassten Ergebnis:

"Erwünschtes Chaos

In allen vier Fällen brauchten die imperialistischen Strategen im wesentlichen nichts zu erfinden oder künstlich zu erschaffen, sondern konnten schon seit langem vorhandene Widersprüche und Sollbruchlinien nutzen. [...] Es reichte aus, diese Zentralmacht durch eine militärische Aggression zu zerstören, wie im Irak und in Afghanistan, oder durch allseitige Förderung und Unterstützung von Rebellionen einen »Regimewechsel« herbeizuführen, um die real existierenden Widersprüche zu entfesseln und zu einem kaum noch reparablen Chaos zu steigern. Daß genau dies geschah, war kein ungewollter Betriebsunfall, sondern mit größtmöglicher Sicherheit vorauszusehen. Drei der so produzierten »Failed States« – Irak, Libyen und Syrien – waren vergleichsweise säkular und modern regiert worden.

Die Liste gründlich und dauerhaft destabilisierter Staaten des »Greater Middle East« ist auf jeden Fall um den im vorigen Jahr nach jahrzehntelangen Kämpfen geteilten, aber damit noch keineswegs befriedeten Sudan zu ergänzen. [...]"

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (19.03.2022 15:04).

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