Kalman schrieb am 29.01.2023 10:18:
Da es zum rote Linien geht, steht auch das Risiko eines Überschreitens im Raum und die Reaktion darauf.
Letztlich verweist Russland auf sein Atombombenpotenzial. Spieltheoretisch verlieren alle wenn Russland die NATO beschießt.
Was aber wenn Russland "nur"die Ukraine mit einer kleinen Bombe angreift? Vorbilder sind da Hiroshima und Nagasaki.
Nehmen wir an dass die Auswirkungen regional bleiben.Würde die NATO sich angegriffen fühlen und zurückschießen?
Was sind die Zwischenschritte auf der Eskalationspirale?
Da Sie von der Spieltheorie kommen, bleiben wir kurz in diesem Framework:
1.) Plus-Seite: Was würde Putin durch eine Atombombe (und sei es nur eine "kleine" -wobei eine Hiroshima-Bombe bereits als sehr klein gilt!) genau gewinnen?
--> Bestenfalls (aus seiner Sicht) würde er damit eine Schockreaktion auslösen und die ukrainische Führung zur Aufgabe bewegen. Militärisch würde er hingegen damit nichts erreichen, was er nicht auch durch konventionelle Angriffe erreichen könnte.
Wie wahrscheinlich wäre es, dass die Ukraine dann aufgibt? Die Wahrscheinlichkeit für eine Aufgabe ist wesentlch geringer als damals im Hiroshima Szenario: Japan war auf sich alleine gestellt und ohne Möglichkeit eines Vergeltungsschlages. Die Ukraine weiß hingegen den gesamten Westen hinter sich - der sowohl atomar als auch konventionell handeln könnte.
2. Minus-Seite:
Welche Nachteile würden sich für Putin aus einem taktischen Nuklearschlag ergeben können?
1. Hohes Risiko für eine Abwendung von China und Indien, den wichtigsten wirtschaftlichen Partnern
2. Hohes Risiko für eine Abwendung bislang neutraler Staaten, vor allem in Afrika
3. Durch 1 & 2 bedingtes Risiko für eine enorme wirtschaftliche Schwächung Russlands, die weit über das hinausgehen würde, was Sanktionen jemals erreichen könnten
4. Gegenreaktion durch den Westen: Bereits angekündigt sind harte konventionelle Gegenschläge, etwa die Vernichtung der russischen Schwarzmeerflotte.
Abwägung:
Putin führt einen Angriffskrieg. Man greift an, wenn man etwas hinzugewinnen will. Das Ziel seines Krieges ist also der Gewinn von (Macht, Land, Ressourcen etc). Man greift nicht an, weil man etwas verlieren oder abgeben möchte.
In der Summe haben wir als zu erwartende Effekte eines Atomschlags aus Sicht von Putin 1x Plus und 4x Minus, und selbst dieses eine Plus ist mehr als fraglich.
Die potentiellen Nachteile überwiegen also den potentiellen Gewinn bei weitem.
Wenn wir davon ausgehen, dass Putin die Grundrechenarten in der Schule gelernt hat, dann wird er durchaus wissen, dass 4 > 1 ist und dementsprechend handeln - also auf gar keinen Fall einen Atomangriff vornehmen.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (03.02.2023 12:02).