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  • Karsten W.

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Re: Finanzielle Massenvernichtungswaffen ächten/verbieten

Marcel Leutenegger schrieb am 10. Mai 2009 17:34

Argh, da schreib ich schon mal alles in FF und schon löscht mir das
Mistding die ganze Antwort. Also nochmal, aber etwas verkürzt:

Ich denke einfach nicht, das sich in kurzen Kursen lernen läßt, wie
man sich gegen die ganzen 'Haie' durchsetzen soll, die in Form von
hohen Beamten usw. unterwegs sind. Und auch nicht gegen ausländische
Staatschefs, soweit diese nicht durch ein analoges Auswahlverfahren
bestimmt wurden. 

Unsere Politiker müssen durchaus 'Haie' sein, denn wie sollen sie uns
vertreten, wenn sie sich von jedem über den Tisch ziehen ließen? Denk
z.B. mal an gewisse ostdeutsche Kommunalpolitiker, die sich nach der
Wende gern Kläranlagen, Spaßbäder oder Müllverbrennungsanlagen
aufschwatzen ließen. Die waren ja gerade diese 'unbeleckten' Menschen
von der Straße, die du forderst. Und die wurden dann halt übel
abgezockt. Auf unser aller Kosten.

> Oder sorgt dafür, dass der Graben zwischen Habenichtsen und
> Superreichen in eine erträgliche Grössenordnung kommt. 

Solange Unterschiede möglich sind (und ich persönlich halte
Unterschiede für extrem wichtig, da nur so Motivation und Innovation
entsteht), wird es Leute geben, die mehr wollen. Und je weniger
jemand hat, desto leichter ist der bestechbar. Das ist ja auch der
Hauptgrund für die hohen Gehälter unser Abgeordneten und Regierenden.
Und im groben funktioniert es auch. 

Wenn jemand aber weiß, das er nach z.B. 4 Jahren wieder auf Harz 4
ist, was macht er dann? Harz 4 erhöhen? Mag sein, aber dann werden
ihm seine Berater alle erzählen, das dann kein Geld mehr für Bildung,
Straßenbau und das jeweilige Lieblingsprojekt ist, und schon knickt
er ein. Aber er wird dann halt versuchen, in der Zeit soviel
mitzunehmen wie möglich ist. Legal oder illegal.

Natürlich gibt es auch Idealisten die nicht so denken werden. Aber
wie groß ist da der Anteil?

> Ansonsten
> riskiert er/sie, dass ihm die Nachfolger die Mitnahmen gleich wieder
> weg-sonder-steuern.

Nicht, wenn die genauso denken wie er. Denn dann würden sie sich ja
selbst bestrafen.

> All das haben wir schon, jetzt, heute, und erst noch straffrei!

Ich denke, deine Vorschläge würden das noch sehr viel schlimmer
machen.

> Alles richtig. Wenn eine Gesellschaft mit einem gewissen IQ
> (Durchschnitt & Streuung) auf der Strasse leben kann, dürfte selbiger
> IQ fürs Parlament auch reichen.

Denke ich nicht. Man braucht da einfach zu unterschiedliche
Fähigkeiten. Ich wohne in der Nähe einer zum 'Männerwohnheim'
umgebauten Schule und sehe, was da für Leute wohnen. Solche Leute in
der Regierung? Bitte nicht.

> In einem Plenum setzen sich nur
> selten Dummköpfe durch. Eher schon Demagogen - die müssen eben von
> Intellektuellen überzeugend in Schach gehalten werden.

Tja, aber wäre das dann so toll? Und denk nicht, das es automatisch
die 'Intellektuellen' sind, die die 'Dummen' in Schach halten. Dazu
braucht man vor allem soziale und manipulative Fähigkeiten und einen
ausgeprägten Machtinstinkt und das geht nicht unbedingt mit hoher
Bildung einher. Im Endeffekt sind wir dann wieder, wo wir heute sind.
Nur auf etwas niedrigerem Nivea mit noch dümmeren Politikern.

> Ja. Politiker müssen Intriganten sein, Demagogen, Polemiker,
> Schauspieler, Soziopathen, je nach Bedarf. Aber: ein ziemlich grosser
> Teil davon ist dem Wähler geschuldet, also dem Statuserhalt.

Und wie soll es auch anders gehen? Egal, wie man es aufzieht.

> Das ist nicht wirklich lösbar, ich weiss. Es sei denn, man lässt sich
> aufs Los ein. Das wäre dann Demokratie im Wortsinn. Wobei es meiner
> Meinung nach viel Bedarf für Sachabstimmungen gibt. So wird die
> Frage, wer im Bundestag sitzt, nochmal eine Stück uninteressanter.

Ich denke aus den genannten Gründen, das da kontraproduktiv wäre. 

Meine Gegenvorschläge: Mehr Kontrolle der Regierenden. Mehr
Möglichkeiten, diese bei Fehlern zur Verantwortung zu ziehen. Und
mehr direkte Demokratie.

> Das sehe ich im Finanzsektor grundsätzlich anders. Erstens ist es ein
> reiner Dienstleistungssektor. 

Was ja kein Grund ist, das da keine Innovationen möglich sein dürfen.

> wichtig um nicht reguliert zu werden. Drittens ist "Innovation"
> weiterhin möglich, allerdings inklusive eingehender Prüfung Zwecks
> Eintrag in die Positivliste. 

Oh je, noch mehr Bürokratie und Leute, die vom Fach keine Ahnung
haben, aber über andere entscheiden.

> Viertens braucht der Finanzsektor kein
> Wachstum, sondern eine Schrumpfkur, so dass er auf Augenhöhe mit der
> Warenwirtschaft bleibt. 

Genau diese würde jetzt stattfinden, wenn unsere Politiker die Banken
reihenweise pleite gehen lassen würden, wie es jetzt richtig wäre.
Und die Bankiers, die das zu verschulden haben, von ihren Aktionären
in Grund und Boden geklagt würde. Das das verhindert wird, ist das
Problem, nicht das Banken pleite gehen! Pleite zu machen gehört zur
Marktwirtschaft nicht nur dazu, sondern ist essentiell. Denn es ist
der Prozess, der die 'unfitten' Firmen aus dem verkehr zieht, damit
in der nächsten Runde andere ihre Modelle ausprobieren können.

> Und fünftens zeigt mir die Ausrede "wir
> verstehen die Finanzwelt selbst nicht mehr", dass die meisten
> "Instrumente"/"Produkte" zu komplex sind, um weiterhin erlaubt zu
> bleiben.

Na dann verbieten wir am besten auch gleich noch die Quantenmechanik
und setzen Pi gesetzlich auf 3 fest. Die Finanzwelt ist ein komplex
nichtlineares System und als solches eben nicht komplett verstehbar. 

> kriminell. Das würde heissen, dass der Karren wissentlich an die Wand
> gefahren wurde Zwecks Bereicherung aus der Dienstleistungskasse.

Z.T. ist das auch keine böse Absicht, sondern auch nur Pech oder
Dummheit bzw. zu hohes Risiko. In kleinem Maßstab gehen solche
Unternehmen dann pleite und übrig bleiben die, die vernünftig
wirtschaften. Zum Problen wird das halt, wenn man die rettet, weil
man eine Kettenreaktion befürchtet, dadurch aber den
'Reinigungsprozess' verhindert.

> Wirtschaft liegt. Eher schon gehören diese Instrumente an den
> Roulettetisch des Finanzkasinos.

Kommt immer drauf an, wie man sie einsetzt. Wie alles kann man auch
Derivate vernünftig und unvernünftig einsetzen.

> Das Hauptproblem damit ist, dass über Finanzinstitute indirekt die
> ganze Wirtschaft, von der globalen Firma bis zum Privatsparer jeder
> an den Roulettetisch gezwungen wird. 

Grundsätzlich basiert das Problem ja auf leichtfertig vergebenen
Krediten mit zu hoher Bewertung der als Sicherheit vorhandenen
Immobilien, und nicht auf Derivaten. Nun ist es bei letzteren aber
so, das die, wenn Emittent pleite geht, auch nicht mehr ausgezahlt
werden können. Bei Privatmenschen gibt es daher ja eine
'Nachschusspflicht', auch bei Leerverkäufen. Bei Banken hat bisher
aber niemand ernsthaft bedacht, das auch die insolvent werden können,
daher sind nun viele dieser Papiere (möglicherweise) nicht mehr
gedeckt. Das ist analog dazu, wenn eine Versicherung im Fall einer
unerwartet großen Katastrophe nicht mehr in der Lage ist, die ganzen
Schäden auszugleichen.

> Gewinne auszuschütten. Sobald der Zufluss versiegt, platzen die
> Spekulationsblasen und der Steuerzahler "darf" die betroffen Croupier
> "retten", damit vom sauer Ersparten überhaupt noch was übrigbleibt.

Nein, normalerweist passiert das nicht. Bei Derivaten wird Geld
normalerweise nur hin- und hergeschoben, und solange das im Rahmen
bleibt, gibt es auch keine Problem. Aber es gibt immer
Extremsituationen, in denen dann die Deckung nicht mehr da ist. Das
kann aber grundsätzlich in jedem Bereich passieren. Fast alle Systeme
sind nur für den Normalfall plus etwas Sicherheit ausgelegt.

> piepegal. Mich interessiert nur, dass Finanzinstitute von diesen
> Spielchen ausgeschlossen werden. Sonst nichts.

Warum? Es gibt Banken, die solche Spielchen nicht mitmachen. Jedem
steht frei, nur noch mit denen Geschäfte zu machen.

> Immerhin brauchst Du dann das Geld (oder Kredit) vorher. Gamblen wird
> so deutlich teurer und risikoreicher.

Auch bei Leerverkäufen mußt du zumindest einen Teil das Geldes haben.
Und auch Aktien kann man auf Pump kaufen (sollte man nicht, wird aber
trotdem gemacht).

> Deshalb bin ich ja für eine Legalisierung inklusive staatlicher
> Regulierung aller Drogen. Das entzieht dem Drogenmarkt 95..98% der
> Gewinne. Ich wiederhole mich, *inklusive staatlicher Regulierung* von
> z.B. Stoffqualität und Abgabevorschriften.

Schön. Auch im Bankensektor sollten Regeln existieren. Aber du
forderst halt Totalverbote vieler Dinge.

> 99% aller Bürger wollen von einer Bank folgendes: vernünftige und
> sichere Verwaltung kleiner bis mittlerer Vermögen; speditive und
> sichere Abwicklung von Zahlungen; gute Beratung. 

Und maximale Renditen. Aber Banken machen eben auch mehr, sie sind ja
auch eigenständig handelnde Unternehmen. Wenn man denen das nicht
verbieten will, dann ist immer das Risko da, das sie pleite gehen.
Dafür gibt es dann z.B. den Einlagensicherungsfond.

> gute..erstklassige Dienstleistung zu vernünftigem Tarif. Übliche und
> verstandene Anlagen wie Aktien, Wandelanleihen usw. sind problemlos
> auf die Positivliste zu setzen.

Och, Derivate sind ja nun wirklich nicht so schwierig zu verstehen.
Man muß halt manchmal wissen, was man unter "N.ter Ableitung"
versteht - aber dazu sollte eigentlich jeder mit Abitur in der Lage
sein.

> Die 1% hartgesottenen Derivat-/Struktur-/Options-Gambler sollen sich
> von mir aus in Zukunft auf dem Schwarzmarkt mit Koffern voll Geld in
> persona treffen. 

Keine gute Idee, weil dann riesige Geldströme völlig unüberwacht
fließen würden und das ganze sich dann auch noch mit der
organisierten Kriminalität verbinden würde.


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