Danke für den bemerkenswerten Beitrag.
Jede Lösung eines Konfliktes beginnt mit der Analyse seiner grundlegenden Ursachen. Im Falle des israelisch-palästinensischen Konfliktes ist es der berechtigte Anspruch zweier Nationen auf ein historisches, nie klar definiertes Territorium - nämlich Palästina - und der interessengeleiteten Instrumentalisierung der Konfliktseiten durch exogene Kräfte/Staaten - dazu später mehr.
Diesen Ansprüchen haben die UN mit ihrem Teilungsbeschluss von 1947 versucht, Genüge zu tun. Es ist richtig, dass auf arabischer Seite der Teilungsbeschluss nicht nur abgelehnt, sondern mit Gewalt/Krieg zu verhindern versucht wurde. Daraus allerdings abzuleiten, dass die palästinensische Seite ihre Ansprüche verwirkt hätte, geht an der Wirklichkeit vorbei. Zum einen, da der Grundkonflikt und damit die entsprechende UN-Resolution weiterbesteht, ergo gelöst werden muss, zum anderen, weil nachholende „Strafe“ keine Kategorie des Völkerrechts ist.
Es ist ebenso richtig, dass die israelische Seite den UN-Teilungsbeschluss akzeptierte, allerdings nicht aus ethisch motivierten Gründen, um etwa den Palästinensern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sondern weil die entsprechende Resolution Vorteile für die israelische Seite festschrieb - u.a. etwa 56 Prozent des ehemaligen britischen Mandatsgebiets. Staatsgründer David Ben Gurion hat schon damals keinen Zweifel daran gelassen, dass das Israel zugesprochene Territorium nur der Anfang sein würde, das es sukzessive auszudehnen gelte. Die Folgen sind bis heute als Besiedlung palästinensischer Territorien zu besichtigen und bilden den eigentlichen Kern palästinensischen Widerstandes.
Die Behauptung, die Palästinenser hätten mit der Ablehnung des Teilungsbeschlusses ihr Recht auf Eigenstaatlichkeit verwirkt, wird übrigens durch den späteren israelischen Staatsgründer widerlegt. Bereits 1919 - also weit vor dem ersten Nahostkrieg - äußerte Ben Gurion in aller Öffentlichkeit, dass der Konflikt zwischen Juden und Arabern in Palästina nicht zu lösen sei. Frieden mit den Palästinensern könne es nicht geben, weil kein Volk der Welt für ein anderes sein Land freiwillig aufgibt. Ben Gurion war daher überzeugt, dass es zwar einen jüdischen Staat in Palästina geben könne – aber weitgehend ohne Araber. Schon frühzeitig sprach er davon, dass die Palästinenser „transferiert“ werden - im Klartext vertrieben werden sollten. Wer also gegen die Zwei-Staaten-Lösung plädiert, akzeptiert nolens volens eine dauerhafte Zwei-Klassen-Gesellschaft.
Zu den treibenden Kräften des Konfliktes gehört wie eingangs erwähnt, nicht zuletzt die Instrumentalisierung durch Dritte. So war bereits die Balfour-Deklaration von 1917 ein Versuch des britischen Empires, seine Interessen mittels eines zukünftigen jüdischen Staates in der Region des Suez-Kanals zu sichern.
Ironischerweise war es unter anderem die Sowjetunion unter Stalin, die auch für einen jüdischen Staat stimmte, weil sie aufgrund der Erfahrung der Shoah davon ausging, dass Israel ein anti-imperialistischer Staat werden würde, was umgekehrt die USA veranlasste, erst nach einigem Zögern zuzustimmen. „Wir sollten keine weiteren Initiativen zur Umsetzung der Teilung oder Unterstützung der Teilung Palästinas ergreifen,“ so der damalige Direktor des politischen Planungsstabs der USA, Georg F. Kennan einige Wochen vor der Abstimmung.
Heute sind es vor allem die USA, die auf westlicher Seite Israel als wichtigsten Verbündeten bei der Sicherung der militärischen Vormacht in der Region alimentieren. Vice versa missbrauchen arabische Regimes die Palästinenser-Frage, um eigene Interessen zu implementieren.
Dem sehr guten Text der Autorin Nirit Sommerfeld ist deshalb beizupflichten: Ohne gegenseitige Anerkennung der Rechte und Geschichte der jeweils anderen Seite und ohne einer damit einhergehende menschliche Empathie für das Leid und die Befindlichkeiten der beiden Zivilbevölkerungen ist es nur eine Frage der Zeit, bis es zu den nächsten Gewalteruptionen kommt und damit zu einer stetigen Verengung einer machbaren und gerechten Lösung. Die Geschichte jeweils immer nur mit dem letzten Raketenangriff oder der letzten israelischen Aktion beginnend zu erzählen, führt zu nichts.