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  • yossarian

mehr als 1000 Beiträge seit 20.06.2000

Sehe ich nicht so.

Tloen schrieb am 11. August 2003 8:21

> Ich glaube ja auch nicht, dass sie einmarschieren, nur ein Dämpfer
> für das reaktionäre Amerika löst bei mir reflexhafte Schadenfreude
> aus. Ein ideologisches Lustspiel: die erste Reaktion auf die
> Formierung des Neuen sauberen Amerika wäre die Wahl eines
> Softporno-Händlers zum Gouverneur von CA. In welchem Amerika werden
> sie dann ihre geistig-moarlische Wende vollziehen.

Herr Flynt ist kein Softpornohändler. Er hat durchaus auch härteres
im Portfolio. Derartiges ist in reaktionären Gesellschaften besonders
beliebt.

> Bei mir stellen sich immer ein wenig die Nackenhärchen auf, wenn ein
> Linker von "Inhalten" spricht und "konkret" zu werden androht, denn
> dann geht es gleich mit ideologischen Grundsatzdiskussionen weiter
> und man erfährt rasch Neuigkeiten über den Stand der
> Vergesellschaftung und über den Fetischcharakter der Ware ;)

Über den Fetischcharakter der Ware legt die Kandidatur von Herren
Schwarzenegger beredtes Zeugnis ab. Da brauchts gar keine Linken
für.

> Ich frage mich allerdings, ob Deine Reaktion genauso wäre, wenn Larry
> Hagman sich in CA aufstellen würde ( oder halt in Texas )? Personen
> sind Ideologien.

Nein. Nicht notwendigerweise. Herr Hagman steht für ein Programm,
dieses kann unter: http://www.peaceandfreedom.org/what_is.htm
nachgelesen werden. Was Larry angeht, so ist die Diskussion
akademisch, er tritt nämlich nicht in CL an.

Bei vielen anderen sind die Dinge, für die sie stehen bei weitem
weniger offensichtlich, bzw. nicht vorhanden. Prototyp für einen
solchen Politico ist im Übrigen Gerhard Schröder. Der ist zwar
derzeit der Genosse der Bosse, würde aber, bei einer starken
Gewerkschaftsbewegung, auch genau dieser nach dem Maul reden. Der
Politiker ist nicht notwendigerweise ein Ideologieträger, er ist
häufig bloß Katalysator und Projektionsfläche für zu einem bestimmten
Zeitpunkt dominante Ideologien.

> Ich nehme an, dass diese selbst von einem
> sonnegebräunten kalifornischen Gehirn unterschieden werden können.

Der Wähler ist dumm. Hüben wie drüben.

> Das reicht auch. Mit dem Thema kennt er sich aus, das ist sein
> Anliegen. Worüber soll er sonst sprechen, als politischer
> Laiendarsteller?

Ich habe kein Interesse daran, von politischen Laiendarstellern
regiert zu werden. Einem Kalifornier sollte es ähnlich gehen. Zudem
ist mir jemand, der Free Speech nicht als Wert per se betrachtet,
sondern es nur als Mittel zum Zweck für den Absatz seiner
Pornopostillen sieht, mehr als suspekt. Sad to say so.

> Nicht jeder ist dazu berufen eine Karriere als
> Politsoldat mit dem Know How eines Verwaltungsbeamten zu machen und
> Statistiken ( die sie vermutlich nicht interpretieren können )
> auswendig zu lernen, wie unsere Politiker, wenn sie im Fernsehen
> gegeneinander Wahlkampf führen. Wer will solchen Leuten zuhören?

Ich möchte Ideologie sehen. Klar und offensichtlich. Keine
Statistiken, kein Geblubber. Mir ist jeder Amifascho recht, der mit
"no sex until marriage" oder "Bomb the Arabs" Wahlkampf macht. Das
sind nämlich Themen. Und über diese kann man in der politischen Arena
streiten. Die CDU plakatierte früher: "Freiheit statt Sozialismus".
Das war natürlich Blödsinn, aber es belebte die Diskussion: Was ist
das eigentlich, Freiheit? Und wieso ist sie besser als Sozialismus,
stimmt das überhaupt? usw.

Aktuelle Themen für Kalifornien wären z.B. die 30% Erhöhung der
Studiengebühren an der UCLA (siehe mein anderes Posting) oder auch
die Wasserknappheit, der Verkehrsinfarkt oder die häufigen
Stromausfälle.

> jedenfalls nicht. Der Rest des Programms kann ihm in ein bis zwei
> Wochen von Polittechnologen routinemäßig zusammengeschrieben werden.

Ein von irgendwelchen Schergen lustlos hingerotztes Programm ist
keine gute Ausgangsbasis um 26 Mio Menschen zu regieren.

> Letztlich kenne ich natürlich die übrigen 666 Kandidaten nicht und
> weiß nicht ob meine Wahl auf einen anderen fallen würde? Vermutlich
> wäre das sogar der Fall, wenn ich mich nicht gar selbst aufstellen
> ließe. 3500$ für eine Kandidatur ließen sich leicht berappen ;)

Ich finde selbst das noch zu teuer. In Zeiten der Ich-AG sollte auch
jeder sein eigener Politiker sein dürfen.

mfG, yossarian

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