Wenn man von der Prämisse ausgeht, der Mensch sei ein biochemischer Automat und Zufallsprodukt komplexer chemischer Vorgänge, wird sich in unüberwindbaren Widersprüchen verwickeln.
Aber nehmen wir einmal an, wir alle seien keine biochemische Automaten, sondern Geistwesen, die schon lange vor ihrer physischen Geburt existiert haben und noch lange nach ihrem physischen Tod existieren werden, dann werden sich die Fragestellungen ganz radikal ändern. Diese Annahme ist keine Spinnerei. Ich bin beruflich viel in Asien unterwegs, und dort habe ich regelmäßig Umgang mit durchaus gebildeten Menschen, die Atheismus als eine Art Geisteskrankheit betrachten. Lediglich der Umstand, daß wir als westliche Menschen nicht gewohnt sind, eine solche Perspektive einzunehmen, berechtigt noch nicht, diesen Gesichtspunkt einfach abzutun.
Allerdings ist es klar, daß wir Westler uns nicht leicht in eine Denkungsart einfinden können, die in folgerichtiger Weise die Konsequenzen einer solchen Weltanschauung erfasst. Wie leicht verlieren die Leute den Boden unter den Füßen und fangen an, die groteskesten Dinge auszuspintisieren, wenn sie anfangen, über Prä- bzw Postexistenz nachdenken. Von solchen Leuten abgestoßen, sehen Andere dann eine Art Beweis, daß jede Annahme, man sei ein sich inkarnierendes Geistwesen, der blanke Blödsinn sei.
Wenn es aber so sein sollte, daß wir Menschen uns inkarnieren, dann muß an erster Stelle die Frage stehen: Warum inkarnieren wir uns? Wozu soll das gut sein? Und gleich an zweiter Stelle: Welche Früchte erwachsen uns aus einer Inkarnation? Denn es sollte doch leicht einsehbar sein, daß ein Individuum, das eine irdische Inkarnation durchmacht, vor der Inkarnation anders ist als nachher. Nehmen wir also an, Menschengeister streben nach Inkarnation in menschlichen Leibern, weil sie nur so bestimmte Erfahrungen machen können und sich nur auf diesem Wege bestimmte Kräfte aneignen können.
Diese Sichtweise würde dann zu ganz anderen Ergebnissen führen. Ein jeder müsste sich dann sagen, er sei nicht inkarniert, um möglichst viel Glück zu genießen, sondern um bestimmte Kräfte auszubilden. Damit wäre dann auch das Ideal des Easy Living dahin. Es kann dann gar nicht mehr das Ideal gelten, ein möglichst bequemes Leben zu führen. Anstrengung und Widrigkeiten können dann plötzlich als sinnvoll betrachtet werden und das Ausweichen vor Anstrengung als Verrat an der eigenen Chance, sich daran zu stärken, als Selbstbetrug, betrachtet werden.
Insofern leben wir in einer außerordentlich interessanten Zeit. Wir genießen die Früchte des Nihilismus. Der Kapitalismus ist hierbei nur Nebenschauplatz. Er verspricht lediglich, Ersatz sein zu können für die öde Leere, die sich auftut, wenn man sich den Ideen des Naturwissenschatlichen Materialismus hingibt.