elklynx schrieb am 09.03.2024 13:14:
Ich war kurz nach Beginn des Afghanistan-US-Kriegs Wehrpflichtiger und habe entgegen euch Allesvonaußenbesserwissern dort im ersten Monat meines Rekrutendaseins im Unterricht gelernt, dass a) eine Wehrpflicht ausschließlich für den V-Fall auf eigenem Boden verpflichtet und b) Hindukush kein V-Fall war. Ich bin bis heute darüber sauer, dass nicht ein zwei Parteien, sondern alle, auch die, die gegen Afghanistanbeteiligung waren, diesen Punkt rhetorisch verschwammeln. Irgendwann zwischen 2004 (Jahr meiner Registrierung hier) und ca. 2010 hat sogar mal ein Major vorm obersten dafür zuständigen Gericht (Bundesverwaltungsgericht? Erinnerung wird schwammig) Recht bekommen, dass er die Beteiligung an der Entwicklung der AWACS-Software für Afghanistan verweigern durfte, weil Afghanistan eben nicht V-Fall war.
Die Debatte um die Abschaffung der Wehrpflicht in einen Zusammenhang mit Afghanistan zu stellen ist deswegen ein Schmalhub der Leute, die auch immer bei öffentlichen Gelöbnissen: "Mörder!" schreien. Ihr jagt Strohmänner! Selbst SAZ mussten sich meiner Zeit für Einsätze explitzit bereit erklären, bevor sie da hingeschickt werden durften. Hat das eventuell der ein oder andere zu leichtfertig erteilt? Vielleicht, aber gemacht werden musste diese Bereiterklärung, bevor man hingeschickt werden konnte. Ein Gelöbnis hat jedenfalls in der Bundesrepublik Deutschland noch nie dafür hingereicht, an "Humanitären Interventionen" im Ausland teilnehmen zu müssen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Verteidigungsfall_(Deutschland)
Scharping war Rhetorikmeister. Das Wort "Verteigigungsfall" hat er vermieden, damit ihm keine konkrete Falschaussage unterstellt werden konnte, gleichzeitig haben die Massen ihn so verstanden, als wäre Verteidigungsfall der Fall, indem er "Deutschland wird am Hindukusch verteidigt" sagte. Reine Rhetorik.
Scharping war 1998 bis 2002 BMV. Mit der Abschaffung der Wehrpflicht hatte der nichts zu tun, der Einsatz der Bundeswehr im Kosovo (mit dem epischen Fernsehinterview wo er vor laufender Kamera Marschpläne erläutert und die Militärs im Hintergrund im Boden versinken) und der Beginn des Einsatzes in Afghanistan 2001 erfolgten in seiner Dienstzeit.
Die Abschaffung des Wehrdienstes wurde unter von Gutenberg vorbereitet, der 2009-2011 BMV war. Und der 2010 einräumte, dass es sich in Afghanistan wohl "umgangsprachlich" doch um einen Krieg handeln würde. (Tabubruch, siehe Spiegel, Artikel vom 04.04.2010) Kurz bevor der Bundestag dann die Abschaffung des Wehrdienstes beschloss, hat Gutenberg im Rahmen der Plagiatsaffäre das Amt niedergelegt.
Der Satz „Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt.“ stammt aus dem Jahre 2002 und vom damaligen BMV Peter Struck.
Und nur mal so als Denkanstoß für die Ausrichtung Deines politischen Kompasses - die Abschaffung der Wehrpflicht war ein Vorschlag vom Parteitag der CSU, Oktober 2010. In direktem zeitlichen Zusammenhang mit dem zuvor intensiv diskutierten "Tabubruch".