jfmprof schrieb am 11.06.2022 08:37:
Bei der sehr großen biologischen Halbwertzeit von TCDD im Menschen und der an sich schon bei TCDD großen Schere zwischen einer schädlichen und einer tödlichen Dosis für den Menschen ist bei diesem Gift die Schere zwischen einer umwelttoxikologisch relevanten und einer für den Menschen tödlichen Dosis besonders groß. Wegen der erheblichen Relevanz als Umweltgift sind zudem die analytischen Techniken für TCDD weit entwickelt. Es war also klar, daß die Vergiftung aufgedeckt werden würde. Deswegen ist Rußland als Urheber für mich nur dann plausibel, wenn entweder Putin der Giftnachweis egal (bzw. erwünscht, als Drohung damit, wie weit man zu gehen bereit ist) war oder es im FSB keine fähigen Toxikologen mehr gab, die einen verdeckten Giftmord organisieren können.
Übrigens war auch bei der Anwendung von Nervengas im Grunde relativ wahrscheinlich, daß die Vergiftung nachgewiesen werden würde, einfach wegen der militärischen Relevanz der Anticholinesterasen auf Organophosphat-Basis und der Verfügbarkeit entsprechend ausgefeilter analytischer Techniken. Besonders nach dem Fall Skripal, also bei der Anwendung gegen Nawalny, mußte das eigentlich klar sein.
Mal als Beispiel dafür, wie ich, zugegebenermaßen als Laie, mir einen professionellen politischen Giftmord vorstelle, der Fall des ukrainischen Separatisten Valery Bolotov laut der englischen Wikipädie:
Bolotov was found dead on 27 January 2017 in his own home in Moscow, Russia. The causes of his death are currently being investigated.[needs update] The preliminary results of clinical tests showed an acute heart failure as reason of death. His wife later claimed that he may have been poisoned. Though more detailed report of the local police office claimed that there were no obvious signs of the acute heart failure and only small atherosclerotic plaques were identified instead. It is known that before death he was complaining to his wife about his health deterioration which happened right after drinking a cup of coffee at the business meeting in company with two men he allegedly knew. It became later known that Bolotov met with ex-speaker of the People's council of the LNR Alexey Karyakin and Valery Alexadnrovich as Valery had said and added also that the meeting was appointed by request of Bolotov himself. Bolotov's corpse was later tested for the presence of the poisoning drugs in his body at the request of his wife, but as of 2018 the results are unknown.
Sooo macht man das!
Ja klar, aber nur wenn man es tatsächlich verschleiern will.
In diesem Fall war es vielleicht auch tatsächlich ein Infarkt - wo auch immer.
Erschießen, Einbruch fingieren, nach Selbstmord aussehen lassen - sind doch eigentlich die effektiveren Varianten?
Da strickt es sich glaubhaftere Legenden und die Täter kann man auch gleich dafür präsentieren.
Den Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja, die Kriegsverbrechen im Tschetschenienkrieg recherchiert hat, hat der dusselige russische Geheimdienst auch zu Putins Geburtstag ausführen lassen.
Wenn das kein Zeichen zur Abschreckung war?
https://www.deutschlandfunk.de/kremlkritiker-erschossen-entsetzen-in-moskau-und-kiew-nach-100.html
Oder das aktuelle merkwürdige Oligarchen-Sterben.
https://politik.watson.de/international/analyse/600769687-russische-oligarchen-mysterioese-todesfaelle-haeufen-sich-was-dahinter-steckt
Ich denke wenn ein ehemaliger KGB-Agent zur Abschreckung vergiftet wird, sollte das wohl auch genauso gesehen werden.
Die anderen Morde des russischen Regimes sollten wohl genauso im vagen bleiben.
Nach der bekannten Methode - verunsichern und dadurch alternative Fakten erblühen lassen.