PippiLangstrumpf schrieb am 09.06.2022 13:09:
Sebowski schrieb am 09.06.2022 12:54:
Der Brexit wurde durch ein Referendum von den Wählern beschlossen. Korrekt!
Das ist eine Form von direkter Demokratie. Das ist aber was komplett anderes als z.B. Parlamentswahlen alle paar Jahre.Beides ist demokratisch.
Sehe ich anders. Die Wahl alle paar Jahre ist insofern nicht demokratisch, da der Wähler nur einmal seine Stimme abgeben (!) darf bzw. in eine Urne (!) schmeißt.* Der Wähler muss darauf hoffen, dass der Repräsentant, den er seine Stimme gegeben hat (Partei oder Politiker) in den Ausschüssen, im Parlament, bei Abstimmungen, etc. seine Interessen vertritt. Leider sieht doch die Realität so aus, dass der vom Wähler gewählte Repräsentant in den aller meisten Fällen aber die Interessen der entsprechenden Industrien und deren Investoren vertritt.
Ich könnte jetzt hier so viele Bespiele nennen (v.a. aus den letzten 2 Jahren), belasse es aber bei diesem, vergleichsweise eher harmloseren Beispiel:
Legislaturperiode 2009 - 2013: FDP ist Teil der Regierung. FDP erhält großzügige Spenden von der Mövenpick Gruppe, die ja auch viele viele Hotels besitzen. Die FDP setzt sich stark für eine Mehrwersteuersenkung bei Hotels ein. Gesetz dazu kam 2010. Zufall oder eher Lobbyismus? Wurde hier der Wille des einfachen FDP-Wählers vertreten?
* Hast Du eigentlich noch nie über die Worte nachgedacht, die bei der Wahl verwendet werden? Stimme abgeben, Wahl-Urne. Was heisst das denn? Nach der Wahl habe ich keine Stimme mehr, da ich sie abgegeben habe. Ich habe also meine Stimme in eine Urne gelegt. Wer liegt üblicherweise in einer Urne?
Wenn es nun also einen Zweifel in der Politik gibt bzgl. irgendwelcher Interessen, besteht also immer noch die Möglichkeit die Wähler direkt zu fragen, richtig?
Kann man machen, ist aber nicht die einzige Art und Weise. Parteien oder Präsidentschaftskandidaten stellen ja auch ihre Programme zur Wahl.
Die Wahlprogramme sind doch das Papier nicht wert, auf das sie gedruckt werden.
Dann wieder zurück zur Ukraine:
Wäre es 2014 (oder auch danach noch) nicht am sinnvollsten gewesen, die Wähler in der Ukraine direkt zu befragen, ob sie der EU beitreten wollten unter der Bedingung alle Beziehungen zu Russland aufzugeben?Kann man machen, aber der Nachteil bei Referenden ist die fehlende Kompromissmöglichkeit. Die wenigsten Gesetze sind digitale "Eins"- oder "Null"-Entscheidungen, sie gehen sehr häufig in Vermittlungssauschüsse, werden noch einmal geändert etc. Das ist bei Referenden nicht möglich.
Korrekt, aber genau deswegen ist die direkte Demokratie ja so unbeliebt bei unseren Eliten. Über die Lobbyisten lässt sich doch viel besser Einfluss nehmen auf die Gesetzgebung. 2019 hatten 764 Lobbyisten Hausausweise (also sind jederzeit zugangsberechtigt) für den deutschen Bundestag. In einer normalen Sitzungswoche eines Bundestagsabgeordneten trifft dieser sich ein Großteil der Zeit mit Lobbyisten. Guck mal nach Marco Bülow, ehem. SPD-Bundestagsabgeordneter. Der hat da viel zu erzählen. Insbesondere das Jung&Naiv-Interview ist hierzu sehr aufschlussreich.
Oder wäre es aktuell nicht am sinnvollsten, ein Referendum in allen Oblasten (inkl. Donbass & Krim) der Ukraine durchzuführen, ob die Menschen lieber zur EU oder zur RF gehören möchten? Natürlich mit Verhandlungen und Waffenstillstand vorher.
Extrem schwierig, da schon viele Bewohner aus den Regionen geflüchtet sind. Allerdings nicht unmöglich. Aber eine Wahl ist nicht gleich eine Wahl. So eine Scheinwahl wie auf dem Krim darf es nicht sein.
Alles klar. Krim-Referendum war eine Scheinwahl. Warum? Weil nicht das passende Ergebnis rauskam? Bitte mal Frau Krone-Schmalz dazu hören. Danke.
Klingt unrealistisch? Ist es auch, denn - mal abgesehen davon, dass aktuell keine Verhandlungen stattfinden werden - das wäre ja direkte Demokratie und die wäre den Leuten, die tatsächlich die Politik in der Ukraine bestimmen (definitiv ist das nicht der Wähler) jedoch ein Dorn im Auge.
Peace!
Der Teufel liegt leider im Detail.
Peace!
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (09.06.2022 13:58).