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  • Susanne Härpfer

227 Beiträge seit 22.06.2008

Im Gespräch mit MBDA

Vom Iron Dome, Deutschland und der Ukraine – im Gespräch mit MBDA

von Susanne Härpfer

Deutschland erwäge, ein Raketenabwehrschild anzuschaffen – dieses Mal nach dem Vorbild des Israelischen Iron Dome, melden Medien. Dieses Mal – denn: vor dem jetzigen Plan gab es bereits TLVS und davor gab es Meads. Die Namen ändern sich, das Konzept bleibt, ebenso die major player, also die Hauptakteure.

TLVS – das stand für das Taktische Luftverteidigungssystem. „TLVS ist das künftige integrierte Luftverteidigungs- und Raketenabwehrsystem der Bundeswehr“, hieß es mit Nachdruck auf der website des Anbieters MBDA. Das war 2019. Ein Jahr später war davon keine Rede mehr. Jetzt soll es das Modell Iron Dome werden. Sind damit Jahrzehntelange Entwicklungskosten perdue, oder teilt sich das Unternehmen mit Israel die R & D-Kosten, also die Aufwendungen für research und development, so wie dies Jahrzehnte zuvor beim Stör- und Täuschsender des Tornados, Cerberus in Israel mit deutschen Entwicklungsgeldern geschehen war, wollte ich vom Unternehmen wissen. Man hielt sich auf Anfrage bedeckt, wollte weder bestätigen noch dementieren.

MBDA ist führend auf den Gebieten der Laser-Technik und speziell der sogenannten Lenkflugkörper und -Systeme. Der Rüstungskonzern habe 2019 einen Umsatz von 3,7 Milliarden Euro erzielt – mit Standorten in fünf Ländern Europas.

Werde das Rüstungsunternehmen auch in die Ukraine exportieren, wollte ich von MBDA wissen. Das solle ich in einigen Wochen fragen, lautete die Antwort.

„Detailinformationen zur Lieferung von militärisch zu nutzenden Gütern in die Ukraine unterliegen der Vertraulichkeit, um militärische Geheimnisse der Ukraine zu schützen. Das betrifft auch die Entscheidungsverfahren innerhalb der Bundesregierung einschließlich der formalen Antrags- und Genehmigungsverfahren“, hieß es auf meine Frage beim Bundeswirtschaftsministerium; und weiter:
„Lieferentscheidungen sind Ergebnis komplexer sicherheitspolitischer und militärischer Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung, der NATO und der EU, worin auch eingeschlossen ist, abzusichern, dass die Militärgüter nicht in falsche Hände geraten.“
Ein Re-Import aus der Ukraine nach Deutschland durch Freischärlergruppen kann schließlich nicht ausgeschlossen werden. Dann aber wären die Bewohner Deutschlands und die kritische Infrastruktur des Landes gefährdet – und dies durch die eigenen Waffen. Ähnliches geschah mit den Stinger-Flugabwehrraketen, die von den USA an die Mujaheddin in Afghanistan geliefert worden waren, um Russische Kampfjets abzuschießen. Die Schultergestützten Flugabwehrwaffen seien überreicht worden „wie Lollipops“, kritisiert der kritische Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom. Solche sogenannten manpads gefährden nun die zivile Luftfahrt weltweit. Viele Fluggesellschaften rüsten nach mit Abwehrsystemen gegen diese Angriffswaffen. Solche aber will Deutschland an die Ukraine liefern. Ob dies so klug ist, vor den bereits vorhandenen Erfahrungen, darf bezweifelt werden.
Gegen dieses Dilemma hilft sich MBDA mit der Rüstungsspirale. Drohnen könne man mit der Hauseigenen Drohnenabwehrtechnik zu Fall bringen. Doch geriete diese Abwehrtechnik in die Hände der Taliban, sähe es ausgerechnet für die verbündeten USA zappenduster aus.
Vermutlich aus ähnlichen Überlegungen äußert sich der Pressesprecher Rheinmetalls zurückhaltend:
„Ich muss Ihnen aber leider mitteilen, dass wir uns aus grundsätzlichen Erwägungen (vor allem mit Blick auf Sicherheitsaspekte) zu etwaigen Waffenlieferungen an die Ukraine derzeit nicht äußern können und zu Ihren Fragen daher keine Stellung beziehen können. Dafür bitte ich um Ihr Verständnis.“
Ich hatte angefragt, ob es bei den Panzerlieferungen an die Ukraine gar nicht primär um die klassischen Fähigkeiten eines Panzers ginge, sondern vielmehr um die Technik, die sich quasi wie in einem rollenden, besonders geschützten Büros verbaut sein können: Cyber-Technik, Laser-Waffen und Elektronischer Kampf (Eloka). Also Technik, wie sie in Friedenszeiten als „modern“ beworben wurde, die aber bislang in der Berichterstattung über den Ukraine Krieg keine Rolle zu spielen scheint.
Auch zu diesem Aspekt wollte man sich im Ministerium lieber in Zurückhaltung üben.
Findet also zur Zeit ein swap statt? Slowenien liefere Panzer an die Ukraine und erhielte im Gegenzug neuere Modelle, wird gemeldet.
Die Ukraine Krise 2014 soll dazu geführt haben, in Deutschland auf das Luftverteidigungssystem Meads (Medium Extended Air Defense System) zu setzen bzw. auf das Nachfolgemodell TLVS.
Dies erfährt jetzt traurige Aktualität. Der Israelische Iron Dome sei hauptsächlich gegen Gefahr aus dem Nahbereich einsetzbar, heißt es aus dem Hause MBDA. Man selbst setze auch auf die Abwehr ferngelenkter Bedrohungen.
Meads sollte per Radar solche rundum, also 360 Grad erfassen und Lenkflugkörper diese dann vernichten. Die Bestandteile sollten auf Lkw installiert werden und somit mobil umhergefahren werden.
Beim Nachfolgemodell TLVS verfüge man über bessere cyber-Fähigkeiten, heißt es in der Pressemitteilung.
Die technische Fortentwicklung beruht demnach auf Laser. Wird Meads noch beschrieben als klassischer Radar, der die Bedrohung erfaßt und so ermöglicht, diese nahenden Ziele mit herkömmlichen Waffen (Raketen und Lenkwaffen) zu zerstören, so geht seitdem die Entwicklung hin zur elektronischen, opto-elektronischen und Laser-gestützten Bekämpfung von Bedrohungen; und zwar vom Nahbereich durch Drohnen bis zu Raketen größerer Reichweite.

Von Susanne Härpfer

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