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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

Podest

Um es auf den Punkt zu bringen - Bernays erklärt in seiner Schrift die Bedingungen der Möglichkeit von Faschismus ganz ohne Nazis.

Dass Menschenmassen eignen, nicht individualpsychologischen Gesetzen gehorchen, legt Canetti wesentlich ausführlicher und überzeugender dar. Bernays beschränkt sich auf die im engen Sinn kapitalismusrelevanten Aspekte. Ihm geht es um die Macht der Grossbürger, Kapitaleigner und wie man sie erhält. Er plaudert aus, dass die bürgerliche Demokratie eben noch nie eine Demokratie im emphatischen Sinne war, sondern immer schon eine Klassenherrschaft.

Man sollte Bernays nicht überschätzen. Es liegt in der Natur des Menschen den um das Eigentliche Wissenden zu markieren, salopper, sich drüberzustellen, mehr und besseres zu wissen als all die Anderen. Das schmeichelt dem unsicheren Ego, stellt es auf ein Podest.

Die gewiss raffinierten und effizienten Methoden, die er anpreist, sind nicht unfehlbar. Wenn die Aporien des ökonomischen Systems die Konjunktur in eine Abwärtsspirale treiben, emanzipieren sich andere Massenmanipulatöre, sozusagen natürlich Begabte, bemächtigen sich des demokratischen Überbaus und etablieren den offenen Faschismus. Das kann für den Geldadel gefährlich werden. Wenn das zentrale Versprechen der bürgerlichen Herrschaft, die stetige Wohlstandsteigerung, nicht mehr eingelöst werden kann, wird es prekär.

Wie Aristoteles schon wusste, steht die Demokratie stets in Gefahr in eine Ochlokratie zu degenerieren, die schliesslich von der Alleinherrschaft eines Tyrannen, der es schafft sich zivilisatorische Weihen anzueignen, wieder abgelöst wird. Im Gegensatz zur linearen Vorstellung des Bürgertums, ist die Entwicklung der Staatsformen zirkulär.

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