Gute Argumentation, aber vorgetäuschte Ausgewogenheit

Der Autor bemüht sich sichtlich um Ausgewogenheit, scheitert aber an diesem Anspruch. Offenbar um die Leser von seiner „Überparteilichkeit“ überzeugen zu können, richtet er seine Kritik ebenso gegen Russland und China.

Kann aber die Position jener Länder unter die vom Autor beklagte Schwarz-Weiß-Sicht subsumiert werden? Lassen wir den russischen Außenminister zu Wort kommen :
"Unsere Position besteht darin, dass jegliche Einmischung in innere Angelegenheiten souveräner Staaten vermieden werden sollte. Während der ganzen Venezuela-Krise unterstützten wir die Bemühungen (unter anderem der Länder der Region) um den Dialog zwischen der Regierung und der Opposition."
(http://www.mid.ru/de/web/guest/meropriyatiya_s_uchastiem_ministra/-/asset_publisher/xK1BhB2bUjd3/content/id/3476729)

Ist der Wunsch nach Dialog nicht gerade die Sichtweise, die der Autor selbst vertritt?
Darüber hinaus tun Russland und China nichts anderes als eine Anerkennung der Realitäten, d.h. der faktischen Machtverhältnisse im Land. Auch hier unterscheidet sich deren Position nicht von der des Autors. Dessen folgenden Worte könnten ebenso von offiziellen Vertretern Russlands oder Chinas stammen:

Im Völkerrecht gilt, dass immer ein Höchstmaß an Legitimität gewährleistet sein muss, egal, unter welchen Umständen. Das bedeutet, dass man einen wenig legitimierten Herrscher einem weniger legitimierten vorziehen muss. Das ist keine Frage von Sympathie, sondern von Recht. Nun ist die völkerrechtliche Theorie das eine, die politische Praxis das andere. Das heißt, ein politischer Vertreter eines Landes muss auch über die konkrete Macht im Land verfügen, sonst führt die Anerkennung nicht zum erhofften Ziel.

Wenn auch der Argumentation des Autors beigepflichtet werden kann, so leidet sein Beitrag unter unberechtigten Hieben gegen Russland und China, was wohl dem Bedürfnis nach Anbiederung an westliche Medienvertreter und Politiker geschuldet ist.