Demokratie unter Druck: Das Grundgesetz zwischen wirtschaftlichen Interessen und Macht-Spielen
(gut gewählte Überschrift)
Private Sicherheitsdienste arbeiten hierzulande immer intensiver mit Sicherheitsbehörden (Polizei, Ordnungsämtern) zusammen und übernahmen dabei auch hoheitliche Ordnungsaufgaben - entgegen dem Artikel 33 Abs. 4 Grundgesetz, welcher diesbezüglich sehr eng auszulegen ist. Fakt ist: Private Sicherheitsdienste haben im öffentlichen Raum keine Sonderrechte und sind - selbst im öffentlichen, kommunalen Auftrag (private Citystreifen, "public private security") - den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber auch nicht weisungsbefugt. Eine Folge: Private Sicherheitsdienste maßen sich "Schein-Befugnisse" (z. B. Identitätsfeststellungen, Platzverweisungen) an.
https://rp-online.de/nrw/staedte/xanten/welche-rechte-hat-ein-privater-sicherheitsdienst_aid-35672011
Im Januar 2020 stellte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main klar, dass die Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf private Dienstleister bei der derzeitigen Rechtslage (Art. 33 Abs. 4 GG) in Deutschland nicht möglich ist (Beschluss vom 3. Januar 2020, Az: 2 Ss-Owi 963/18).
https://www.sueddeutsche.de/politik/frankfurt-strafzettel-ungueltig-1.4766051
Ein erklärtes Ziel der Lobby-Verbände der Sicherheitswirtschaft ist die Übernahme hoheitlicher Aufgaben im Bereich der öffentlichen (kommunalen) Sicherheit und Ordnung; dauerhafte, stabile öffentliche Aufträge - "am Tropf der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler" - streben die Arbeitgeber der Sicherheitswirtschaft an. Dem im Wege steht auch das staatliche Gewaltmonopol.
Bisher sind Mitarbeiter private Sicherheitsdienste im Auftrag von Städten und Gemeinden rechtlich gesehen nur(!) teure Berufszeugen, welche lediglich das "Auge und Ohr" der Sicherheitsbehörden sein dürfen, nach dem Motto: "beobachte, erkennen und melden".
Siehe hierzu:
https://www.stadtmagazin.com/panorama/welche-rechte-und-befugnisse-hat-ein-privater-sicherheitsdienst/7440
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.einsatz-in-heimsheim-und-weil-der-stadt-citystreifen-werfen-noch-fragen-auf.03d5d45c-7b3f-4c4c-a0a4-8ce1954d76fa.html
https://fragdenstaat.de/anfrage/vertrag-mit-dss-security/
https://de.indymedia.org/node/238732
Wie im Herbst '23 bekannt wurde handelt die hessische Polizei in Neu-Isenburg entgegen Recht und Gesetz, weil sie die private Citystreife der Stadt bei Ordnungsstörungen/ -problemen im öffentlichen Raum losschickt, also ihre originären Aufgaben durch Private erledigen lässt. Wie immer kein Wort dazu von den hessischen Landesverbänden, von GdP & DPolG.
https://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Politik-10/Privater-Sicherheitsdienst-als-City-Streife-Beschaeftigt-Neu-Isenburg-eine-Scheinpolizei-41310.html
https://ddrm.de/privatisierung-hoheitlicher-ordnungsaufgaben-in-neu-isenburg-hessische-polizei-ignoriert-olg-entscheidung/
Auch wenn die nachfolgende Sache nicht “public private security" sondern “police private partnership” betrifft: Am Kooperationsvertrag (Nov. 2018) zwischen der brandenburgischen Polizei und der Sicherheitswirtschaft (BDSW-Unternehmen) wird deutlich, wie eng und selbstverständlich die Zusammenarbeit zwischen der Polizei und der Sicherheitswirtschaft mancherorts ist. In Brandenburg sollen die Privaten innerhalb gemeinsamer polizeilicher Fahndungen (hoheitliche Aufgabe) sogar Zugriffsrecht haben; rechtlich abgedeckt - wieder einmal - über das Jedermannsrecht, Festhalterecht gemäß § 127 (1) StPO (ein Kriterium dieses Paragrafen: “…auf frischer Tat betroffen…”).
Gemeinsame Fahndungen muten auch deshalb merkwürdig an, weil vor vielen Jahren der Lobby-Verband der Sicherheitswirtschaft BDSW den Kritikern von “police private partnership” entgegnete: Mit der Polizei kooperierende Mitgliedsunternehmen dürften nur das “Auge und Ohr” der Polizei sein, offizielles Motto: “beobachten, erkennen und melden".
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/kriminalitaet-brandenburger-polizei-kooperiert-mit-privaten-sicherheitsfirmen-bei-verbrechensbekaempfung-auch-bei-fahndungen-li.9606
Also merke: Beim "police private partnership" und beim "public private security" wird hierzulande permanent geltenden Recht (z. B. Das GG) ignoriert bzw. "mit Füßen getreten" und dabei die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger wirtschaftlichen Interessen geopfert - im Auftrag der öffentlichen Verwaltung (z. B. Sicherheitsbehörden) versteht sich!
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (22.06.2024 13:50).