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  • tzefix

mehr als 1000 Beiträge seit 12.05.2010

Re: "Der Westen sollte sich darauf vorbereiten"

Stephan Geue schrieb am 31.12.2023 22:32:

Das klingt nach einem guten Rezept.

Gibt es auch einen Plan B, falls das nicht eintritt?

Du willst einen Plan für etwas das NICHT passiert?

Also, wenn wir keinen Plan haben und Russland kollabiert, dann machen wir das, was wir als Westen, als EU und als Deutschland immer machen. Auf der Weltbühne versagen.

Und wenn Russland nicht zerfällt, dann bleibt der Plan halt erstmal in der Schublade. Dann wird eben auch irgendwann dieser Krieg enden. Irgendwann wird Putin verschwinden - spätestens aus biologischen Gründen und dann besteht auch die Chance für eine langsame Normalisierung der Beziehungen des Westens mit Russland. (Falls der Nachfolger nicht ein neuer Putin ist - oder noch schlimmer.)

Dennoch glaube ich nicht an dieses Szenario.

Denn die Ukraine wird bestehen bleiben. Vermutlich mit Gebietsverlusten, aber als Staat weiter existieren. Und dann wird das eintreten, wovor sich Russland - bzw. die Führungsclique - sich fürchtet und was der wirkliche Kriegsgrund war. Die Ukraine wird vom Westen umsorgt und aufgebaut werden. Was eine EU-Mitgliedschaft für finanzschwache Staaten bedeutet, kann man an den ehemals armen Ländern in Europa erkennen. Portugal ist z. B. war vor der EU-Mitgliedschaft das zweite Armenhaus Europas, nach Albanien. Heute ist es ein "ganz normales" westliches Land. Die Ukraine wird mit westlicher Hilfe ein prosperierender Staat, die Bevölkerung wird von der Entwicklung profitieren. Das wird dann die Begehrlichkeiten der russischen Bevölkerung wecken. Denn die hat die Ukrainer bisher nur als "kleinen, schwachen und bisschen dummen Bruder" verstanden. Diese Begehrlichkeiten werden dann entweder die russische Führung wegfegen oder zu einem neuen Krieg führen.

Ein weiterer Grund für einen wahrscheinlichen Zerfall ist die demographische Entwicklung. Die russische Bevölkerung schrumpft. Aber wenn man den Vergleich zwischen den verschiedenen Ländern Russlands zieht, dann stellt man fest, dass manche starken Zuwachs verzeichnen. So haben die Nordkaukasier, wie die Tschetschenen, durchaus hohe Geburtenraten und Bevölkerungszuwachs. Also nimmt die Bevölkerung der Russen westlich des Urals nicht nur ab, sie nimmt dort dramatisch ab. Das wird zu zusätzlichen Spannungen mit Sprengkraft führen.

Dann hat Putin Russland auf sich zugeschnitten. Er ist der Pate, der wie ein Mafiaboss dieses Land lenkt. Putin wird nicht ewig leben. in spätestens 15 Jahren klappt der seinen Schirm zu. Die Kämpfe um die Nachfolge werden vorher schon beginnen, wie es in der Mafia eben üblich ist. Da steckt ordentlich Spannung und Sprengkraft drin.

Die wirtschaftliche Lage ist nicht rosig. Russland hat nichts mehr zu bieten, ist zu einer Öl- und Gastankstelle der Welt geworden. Damit kann man gebildete Bevölkerung nicht halten. Wer also Ausbildung genießt, wird Russland verlassen, das ist bereits ein Trend, der sich weiter fortsetzen wird und die demographische Lage verschärfen wird. Die beendeten Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen sind kaum zu ersetzen, Asien ist zwar guter Abnehmer von Öl und Gas, investiert aber kaum in die russische Wirtschaft. Russland ist riesig, aber die Wirtschaftskraft liegt deutlich unter der Italiens (aber etwas über der Spaniens). Die Bevölkerungszahl liegt aber (noch) knapp unter der Deutschlands und Frankreichs zusammen.
Russland ist also eine riesige Fläche, mit anteilsmäßig nur wenigen Einwohnern pro km2, und einer schwachen Wirtschaft, will aber als "Weltmacht" mitspielen. Das wird nicht funktionieren. An diesem Versuch ist bereits die UDSSR gescheitert - und die war ein gutes Stück größer und konnte damals noch die "Bruderstaaten" Osteuropas ausbeuten.

Mit Russland ging es schon vor dem Ukraine-Krieg sachte bergab. Aber mit dem Überfall auf die Ukraine hat Russland eine Entwicklung in Gang gesetzt, an deren Ende das Ende als "Großreich" stehen wird. Es ist nur nicht vorherzusagen, ob es noch 2 oder 20 Jahre dauert.

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