Stephan Geue schrieb am 01.01.2024 11:04:
Denn die Ukraine wird bestehen bleiben. Vermutlich mit Gebietsverlusten, aber als Staat weiter existieren.
Erst mal. Es braucht ja eine Adresse für Zins- und Rückzahlungsforderungen, auch wenn da nichts zu holen sein wird.
Wenn nichts zu holen ist, dann braucht man die Adresse doch auch nicht.
Ich gehe davon aus, dass das Land nach wie vor über eine leistungsfähige zivile Wirtschaft verfügt, die seine Einwohner versorgen könnte. Könnte, wohlgemerkt, wenn die Einwohner noch da wären.
Es gibt in der Geschichte bislang kein einziges Land, welches aufgrund zu schwacher Bevölkerungszahl zu existieren aufgehört hätte. Länder gleichen das aus, eben auch mit Einwanderung. Für die Ukraine ist das mit Hilfe enger wirtschaftlicher Beziehungen mit dem Westen zu schaffen. Für Russland wirkt sich der Bevölkerungsschwund weit stärker aus. Eine große Gefahr wäre grassierende Ausländerfeindlichkeit - was nicht so stark zum Tragen kommt, wenn die Ausländer halt Geld mitbringen. :)
Ich rede jetzt nicht von den Hunderttausenden, die im Krieg getötet oder verstümmelt wurden, aber das allein wäre schon ein herber Personalverlust, denn ein großer Teil der Soldaten war ja irgendwann mal in zivilen Berufen tätig gewesen. Sondern von den Millionen, die seit 2014 das Land in Richtung Westen verlassen haben und wenig Lust zeigen, in diesen Sumpf zurückzukehren, Heimat hin oder her.
Es wird ganz sicher ein Teil davon im jeweiligen Fluchtland bleiben, insbesondere in Mitteleuropa. Aber nicht alle.
Die Ukraine hatte vor dem Krieg bereits eine katastrophale demographische Entwicklung - wie Russland übrigens auch.
Die Zahl der Einwohner stellt sicher eine wirtschaftliche Größe dar, und noch mehr eine Option. Aber es ist für den Westen einfacher, ein bevölkerungsmäßig kleineres Land "aufzupäppeln, als ein Größeres. Zudem die im Westen verbliebenen Ukrainer eine Brücke auch wirtschaftlicher Art bedeuten.
Wenn niemand da ist, um die Maschinen zu bedienen oder die Mähdräscher über ukrainische Schwarzerde rollen zu lassen, dann entsteht da auch kein BIP,
Auf den ukrainischen Äckern und Feldern werden eben Maschinen arbeiten und kaum Menschen. Dieses Land ist wirtschaftlich ohnehin von Export von Nahrungsmittel oder von Rohstoffen abhängig. Das lässt sich gut mit modernen Maschinen automatisieren.
und ohne "Renten" aus dem Westen macht das die Beamten und Rentner, die auf einen Staatshaushalt angewiesen sind, irgendwann rebellisch, auch wenn gerade diese Gruppe nicht anmutet wie ein Haufen Revolutionäre.
Vielleicht wird die Ukraine auch ein Einwanderungsland für unsere Rentner. Günstige Lebenskosten wären schonmal ein Pluspunkt. Brauchen wir nur noch gute medizinische Versorgung.
Die Ukraine wird vom Westen umsorgt und aufgebaut werden.
Dagegen wäre ich eine substanzielle Summe zu wetten bereit. Gewiss, wir haben die Ukraine zuletzt erheblich "umsorgt", nominell also viel Geld in den Krieg gesteckt. Aber die Amis haben selbst gesagt, dass 90 Prozent ihrer Ausgaben für den Ukraine-Krieg an den heimischen MIK gegangen seien. Und wir sichteten unsere Schrottplätze mit Leo I.
Der Westen wird dieses Land nicht aus Herzensgüte aufpäppeln. Wie Du schon feststellst, waren und sind die Waffenlieferungen zunächst ein Geschäft. Mit dem Entsorgen alter Militärmaschinerie haben wir uns eher von Kosten befreit, als es Kosten verursacht hätte. Und natürlich ist das Liefern aktueller Waffentechnik ebenfalls ein Geschäft - zumindest für die Rüstungsindustrie. Bezahlt wird das vom Steuerzahler, auch wenn man derzeit noch irgendwie hofft, dass die Ukrainer oder sogar die Russen dafür bezahlen sollen.
Natürlich haben wir auch Leo II geliefert, aber in welchen Stückzahlen? Man muss sich mal angucken, was bei der jeweiligen Technik laut Wikipedia das Erstauslieferungsjahr war. Da gibt es fast nichts aus diesem Jahrhundert. Iris-T könnte jüngeren Datums sein; da habe ich nicht nachgeguckt. Also, wir haben vor allem eine Rollkur durchgeführt; die Arsenale können nun mit dem "Doppel-Wumms" wieder mit frischem Murks gefüllt werden. Als Game-Changer hat sich jedenfalls nichts erwiesen.
Nein, der Glaube an "Game-Changer" oder "Wunderwaffen" hat sich nicht das Erste mal als falsch erwiesen. Der einzige Game-Changer, der wirklich existiert, besteht aus billigen Drohnen.
Ich persönlich habe nie daran geglaubt, dass unsere Panzer eine große Wirkung hätten. Meine Sicht darauf lautet: "Panzer erkannt, Besatzung verbrannt". Und dabei ist es egal, ob es sich im einen T54 oder um einen Leo 2A6 handelt. Interessanterweise hat genau der Panzer, dessen Produktion wir längst eingestellt hatten, auf den wir den wenigsten Wert gelegt hatten, den größten Erfolg gezeigt. Der Gepard.
Und aufbauen werden wir gleich gar nichts. Mit blühenden Landschaften ist nämlich keine nennenswerte Rendite zu erzielen.
Es werden mitteleuropäische Unternehmen und Geldgeber sein, die in die ukrainische Wirtschaft investieren. Nicht aus Herzensgüte, aus Profitgründen.
Was eine EU-Mitgliedschaft für finanzschwache Staaten bedeutet, kann man an den ehemals armen Ländern in Europa erkennen.
An Bulgarien zum Beispiel. Sehr schön auch Griechenland.
In Portugal konnte ich es persönlich sehen. Griechenland ist ein Sonderfall, der mit dem hohen Handelsbilanz-Defizit mit dem Rest von Europa zu tun hat. Bei der Ukraine wird das nicht zutreffen, dieses Land war bereits stark Export-orientiert.
Die Ukraine wird mit westlicher Hilfe ein prosperierender Staat, die Bevölkerung wird von der Entwicklung profitieren.
Träum weiter. Die EU-Mitgliedschaft wird noch nur noch von völlig Entrückten (einschließlich der Clique in Kiew) ventiliert.
Bislang wurde jedes merkwürdige Land im Osten in die EU aufgenommen. Weshalb sollte es bei der Ukraine anders sein? Die Ukraine wird ein richtig dickes Geschäft. Da wäre die EU-Mitgliedschaft von Vorteil. Und den überwiegenden Profit aus diesem Geschäft werden wir haben - nicht die Ukrainer. Aber deren Lebensstandard ist dermaßen niedrig, dass auch der kleinere Part für spürbare Erhöhung des Wohlstands führen wird.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (02.01.2024 14:09).