Wer etwas anderes glaubt, ist schon tot.
Mr.Fixit schrieb am 24. April 2003 14:25
> Ignaz Wrobel schrieb am 24. April 2003 9:30
>
> > Mr.Fixit schrieb am 23. April 2003 13:18
> >
> > > Das Gesellschaftssystem prägt den Menschen, der in ihm lebt.
> > > Also ist es die kapitalistische Demokratie, die die krankhaften
> > > Mutationen hervorruft.
> > > Also ist es das System, nicht der Mensch, der schlecht ist.
> >
> > Was für ein schönes Entschuldigungsschreiben. Erinnert mich ein wenig
> > an das alte "Ich habe nur Befehle ausgeführt."
>
> Da sehe ich keinen Zusammenhang. Das eine sind die von mir nicht bzw.
> kaum beeinflussbaren Grenzen, die gesellschaftliche Normen und Werte
> dem 'freien' Handeln des 'Individuums' setzen, das andere ist die
> bewusste Entscheidung eines 'Individuums' die Verantwortung für seine
> Handlungen an _ein_ anderes 'Individuum' zu delegieren.
Das genau ist das "Entschuldigungsschreiben". Wir behaupten einfach,
dass uns Grenzen gesetzt wären, die wir nicht überschreiten können.
Doch dies ist nur eine Selbsttäuschung. Die Wirklichkeit sieht so
aus, dass wir die Grenzen wohl überschreiten können, dies aber nicht
vollziehen. Um dieses Verhalten vor uns selbst zu rechtfertigen
stellen wir uns in eine "Opferrolle". "Wir sind nur noch Opfer des
Systems, wir können ja nicht anders, wir müssen so handeln".
Nicht die Verantwortung wird deligiert. Wir deligieren die Schuld.
> > Der Mensch muss sich ändern, erst dann kann ein System geändert
> > werden. Die Idee, man könnte ein "böses" System zerstören, durch ein
> > "gutes" Ersetzen und im Handumdrehen sind alle Menschen gut "geprägt"
> > ist kindisch. Oder waren alle Deutschen vor 45 Nazis und alle nach 45
> > gute Demokraten?
>
> Würden Sie 'im Handumdrehen' weglassen, wäre Ihr Satz m.E. durchaus
> richtig.
Also stimmen Sie darin überein zu sagen:
Die Idee, man könnte ein "böses" System zerstören, durch ein
gutes" Ersetzen und dann sind alle Menschen gut "geprägt"
ist kindisch.
> Die Idee, erst müsste der Mensch, dann könne das System sich ändern
> verkennt Ursache und Wirkung.
Nein. Dem stimme ich nicht zu. Wir sind keine Opfer. Auch wenn viele
Menschen es so darstellen, um sich selbst vor der Erkenntnis zu
schützen, wie sehr wir alle "Täter" sind.
Genau diese Einstellung ekelt mich bei deutschen "Linken" an. Es wird
ein Schuldiger gesucht. Das sind dann die "Kapitalisten", die
"Bosse", der "militärisch-industrielle Komplex" - es gibt viele
Namen. Diese Instanz zwingt uns dazu ein Leben zu führen, dass wir so
nicht führen wollen. Und weil nicht "wir" es sind, sondern "die da
(oben)" können wir dieses System auch nicht dadurch ändern, dass wir
uns ändern. Nein. Wir können das System also nicht ändern können.
Legitimieren sie mit dieser Argumentation Gewaltakte bis hin zu
Revolution.
Aber. Die Revolution frisst ihre Kinder. Warum? Weil sich die
Menschen nicht geändert haben. Dann ändert sich auch kein System.
Die ganze Argumentationskette ist falsch und feige. "Ich habe nur
Befehle, Normen, Werte ... nenne es, wie Du willst ... befolgt."
> > Mit anderen Worten:
> >
> > Ihr steht nicht im Stau. Ihr seid der Stau!
>
> Ein schönes Bild. Es stützt jedoch eher meine Weltsicht als Ihre,
> denn auch ein Stau steht selbst dann noch still, wenn JEDER der
> Beteiligten eigentlich lieber freie Fahrt für freie Bürger geniessen
> würde.
Genau so ist es. Die Frage bleibt: Wie ist es zum Stau gekommen? Weil
"die Strukturen" den Stau erzwingen? Oder vielmehr weil tausende
"Individuen" für sich die Entscheidung getroffen haben, heute diese
eine Strecke zu fahren?
Warum leben wir denn in einer kapitalistischen Welt? Weil es uns
vorgeschrieben wird? Nein, weil jeder von uns, jeden Tag, kleine,
kapitalistische Entscheidungen trifft.
Mein Weltbild sieht genauso aus. Ich kann jederzeit an den
Strassenrand fahren und den Stau, Stau sein lassen. Mir bleiben
Alternativen. Ich muss sie nur sehen. Und was viel wichtiger ist: Ich
muss sie sehen wollen!
> Es ist eben ein Systematisches, ein Strukturproblem und kein
> Individuelles.
Delegation der Schuld. "Ich bin ein Opfer."
> Die Struktur der sozialen Umgebung begrenzt die 'freie Entscheidung
> des Individuums' massiv: ich könnte _theoretisch_ einfach Gasgeben,
> aber die soziale Struktur meiner Umgebung lässt mir _praktisch_
> keinen Raum dazu, da ich in alle Richtungen von ebenfalls
> _theoretisch_ freien Blechkästen begrenzt werde.
Natürlich sind meine Entscheidungen begrenzt. Letztlich begrenzen
physikalische Gegebenheiten meine Entscheidung.
Der gedankliche Fehler liegt darin zu glauben, dass mir nur eine
Entscheidung bliebe und genau diese Entscheidung durch meine Umwelt
(Werte, Normen, ...) vorgegeben sei.
Ich kann aussteigen, ich kann die öffentlichen Verkehrsmittel wählen,
ich kann fahradfahren, ich kann den Stau akzeptieren. Und und und
....
> immer uns beliebt. _Praktisch sind wir in wesentlichen Belangen
> Sklaven der Werte und Normen unseres Gesellschaftsystems.
Nun gut. Du nennst es "Sklave". Ich nenne Menschen, die so denken
"Opfer". Erkenne Dich selbst! Befreie Dich selbst! Die Fesseln legst
Du Dir an.
gruss
Ignatz
Ich fürchte nichts.
Ich hoffe nichts.
Ich bin frei.
(N. Katzanzakis)
Mr.Fixit schrieb am 24. April 2003 14:25
> Ignaz Wrobel schrieb am 24. April 2003 9:30
>
> > Mr.Fixit schrieb am 23. April 2003 13:18
> >
> > > Das Gesellschaftssystem prägt den Menschen, der in ihm lebt.
> > > Also ist es die kapitalistische Demokratie, die die krankhaften
> > > Mutationen hervorruft.
> > > Also ist es das System, nicht der Mensch, der schlecht ist.
> >
> > Was für ein schönes Entschuldigungsschreiben. Erinnert mich ein wenig
> > an das alte "Ich habe nur Befehle ausgeführt."
>
> Da sehe ich keinen Zusammenhang. Das eine sind die von mir nicht bzw.
> kaum beeinflussbaren Grenzen, die gesellschaftliche Normen und Werte
> dem 'freien' Handeln des 'Individuums' setzen, das andere ist die
> bewusste Entscheidung eines 'Individuums' die Verantwortung für seine
> Handlungen an _ein_ anderes 'Individuum' zu delegieren.
Das genau ist das "Entschuldigungsschreiben". Wir behaupten einfach,
dass uns Grenzen gesetzt wären, die wir nicht überschreiten können.
Doch dies ist nur eine Selbsttäuschung. Die Wirklichkeit sieht so
aus, dass wir die Grenzen wohl überschreiten können, dies aber nicht
vollziehen. Um dieses Verhalten vor uns selbst zu rechtfertigen
stellen wir uns in eine "Opferrolle". "Wir sind nur noch Opfer des
Systems, wir können ja nicht anders, wir müssen so handeln".
Nicht die Verantwortung wird deligiert. Wir deligieren die Schuld.
> > Der Mensch muss sich ändern, erst dann kann ein System geändert
> > werden. Die Idee, man könnte ein "böses" System zerstören, durch ein
> > "gutes" Ersetzen und im Handumdrehen sind alle Menschen gut "geprägt"
> > ist kindisch. Oder waren alle Deutschen vor 45 Nazis und alle nach 45
> > gute Demokraten?
>
> Würden Sie 'im Handumdrehen' weglassen, wäre Ihr Satz m.E. durchaus
> richtig.
Also stimmen Sie darin überein zu sagen:
Die Idee, man könnte ein "böses" System zerstören, durch ein
gutes" Ersetzen und dann sind alle Menschen gut "geprägt"
ist kindisch.
> Die Idee, erst müsste der Mensch, dann könne das System sich ändern
> verkennt Ursache und Wirkung.
Nein. Dem stimme ich nicht zu. Wir sind keine Opfer. Auch wenn viele
Menschen es so darstellen, um sich selbst vor der Erkenntnis zu
schützen, wie sehr wir alle "Täter" sind.
Genau diese Einstellung ekelt mich bei deutschen "Linken" an. Es wird
ein Schuldiger gesucht. Das sind dann die "Kapitalisten", die
"Bosse", der "militärisch-industrielle Komplex" - es gibt viele
Namen. Diese Instanz zwingt uns dazu ein Leben zu führen, dass wir so
nicht führen wollen. Und weil nicht "wir" es sind, sondern "die da
(oben)" können wir dieses System auch nicht dadurch ändern, dass wir
uns ändern. Nein. Wir können das System also nicht ändern können.
Legitimieren sie mit dieser Argumentation Gewaltakte bis hin zu
Revolution.
Aber. Die Revolution frisst ihre Kinder. Warum? Weil sich die
Menschen nicht geändert haben. Dann ändert sich auch kein System.
Die ganze Argumentationskette ist falsch und feige. "Ich habe nur
Befehle, Normen, Werte ... nenne es, wie Du willst ... befolgt."
> > Mit anderen Worten:
> >
> > Ihr steht nicht im Stau. Ihr seid der Stau!
>
> Ein schönes Bild. Es stützt jedoch eher meine Weltsicht als Ihre,
> denn auch ein Stau steht selbst dann noch still, wenn JEDER der
> Beteiligten eigentlich lieber freie Fahrt für freie Bürger geniessen
> würde.
Genau so ist es. Die Frage bleibt: Wie ist es zum Stau gekommen? Weil
"die Strukturen" den Stau erzwingen? Oder vielmehr weil tausende
"Individuen" für sich die Entscheidung getroffen haben, heute diese
eine Strecke zu fahren?
Warum leben wir denn in einer kapitalistischen Welt? Weil es uns
vorgeschrieben wird? Nein, weil jeder von uns, jeden Tag, kleine,
kapitalistische Entscheidungen trifft.
Mein Weltbild sieht genauso aus. Ich kann jederzeit an den
Strassenrand fahren und den Stau, Stau sein lassen. Mir bleiben
Alternativen. Ich muss sie nur sehen. Und was viel wichtiger ist: Ich
muss sie sehen wollen!
> Es ist eben ein Systematisches, ein Strukturproblem und kein
> Individuelles.
Delegation der Schuld. "Ich bin ein Opfer."
> Die Struktur der sozialen Umgebung begrenzt die 'freie Entscheidung
> des Individuums' massiv: ich könnte _theoretisch_ einfach Gasgeben,
> aber die soziale Struktur meiner Umgebung lässt mir _praktisch_
> keinen Raum dazu, da ich in alle Richtungen von ebenfalls
> _theoretisch_ freien Blechkästen begrenzt werde.
Natürlich sind meine Entscheidungen begrenzt. Letztlich begrenzen
physikalische Gegebenheiten meine Entscheidung.
Der gedankliche Fehler liegt darin zu glauben, dass mir nur eine
Entscheidung bliebe und genau diese Entscheidung durch meine Umwelt
(Werte, Normen, ...) vorgegeben sei.
Ich kann aussteigen, ich kann die öffentlichen Verkehrsmittel wählen,
ich kann fahradfahren, ich kann den Stau akzeptieren. Und und und
....
> immer uns beliebt. _Praktisch sind wir in wesentlichen Belangen
> Sklaven der Werte und Normen unseres Gesellschaftsystems.
Nun gut. Du nennst es "Sklave". Ich nenne Menschen, die so denken
"Opfer". Erkenne Dich selbst! Befreie Dich selbst! Die Fesseln legst
Du Dir an.
gruss
Ignatz
Ich fürchte nichts.
Ich hoffe nichts.
Ich bin frei.
(N. Katzanzakis)