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  • luky

mehr als 1000 Beiträge seit 06.11.2000

Re: Funktionalisierung der Gesellschaft

DreamTimer schrieb am 3. Februar 2010 09:16

> luky schrieb am 2. Februar 2010 22:09

> > Historisch gesehen ist der "Siegeszug" von Normen imo eng verknüpft
> > mit der zunehmenden Funktionalisierung der Gesellschaft, […]

> Das ist etwas, dass der Moderne eigentlich vorausging. Gilden und
> Zünfte waren autonom und sie ließen so etwas wie freie Märkte […]

Da hast Du mich ja ziemlich kalt erwischt(^^); Zünfte sind
tatsächlich ein hervorragendes Beispiel für Funktionalisierung. Ich
könnte höchstens noch einwenden, dass sie die Funktion ursprünglich
nur innerhalb der Hierarchie einnahmen – also vereinfacht vom König
den Auftrag und die Erlaubnis erielten, das Land mit Brot zu
versorgen.

Wenn sie diese Definitionshoheit in Frage stellten, wie zB. die
Freimaurer, die den Eindruck hatten, dass ihre Normen unabhängig von
den jeweiligen Herrschern gültig seien, haben sie ziemlichen Ärger
gekriegt.

> Bürger nicht mehr zeitgemäße wirtschaftliche Restriktionen
> auferlegten. Das ist auch heute noch unsere Grundverfassung. 

Das ist sicher richtig. Trotzdem entscheiden faktisch Ärzte, welche
Anforderungen ein Arzt erfüllen muss. Aber der Fokus hat sich von
"Mitglied im Verein" zu "Erfüllen vorgegebener Ziele" verlagert.
Jedenfalls meistens. ^^

> Ungeachtet dessen haben sich gewisse vormoderne Strukturen erhalten,
> z.B. Ausbildungsnormen. Dass ein Handwerker seinen Meister machen
> muss, um einen Betrieb zu führen, ist eigentlich eine
> mittelalterliche Idee. Im Grunde folgt jede Art von formaler Prüfung
> oder Abschluss, einem gesellschaftlichen Code. 

Natürlich. Die entscheidende Frage lautet doch aber, nach welchen
Kriterien beurteilt wird. Ob man einen Titel vom König verliehen
bekommt, oder sich erarbeitet, in dem man (im Idealfall) die selben
Anforderungen erfüllt, wie alle anderen, die diesen Titel tragen,
macht für mich schon einen Unterschied.

> […] interessant, dass diese immer auch durchbrochen wurde. Der
> Künstler, wie auch der Philosoph, der letztlich keiner Norm
> unterworfen ist, wird in keiner anderen Epoche so verehrt, wie in der
> Frühmoderne. Joseph Beuys und Andy Warhol hatten ihn schließlich
> demokratisiert und das Genie zum Ideal für jedermann erklärt. Das
> war, denke ich, eine ehrenwerte Überforderung.

Hrhr. Naja – es kann nicht schaden, sich mit Kunst oder Philosophie
zu beschäftigen. – weder einem selbst, noch seiner Umgebung. Insofern
ist das auch für absolut ungeeignete Kandidaten eine gefahrlose
Beschäftigung.

Aber natürlich wird es mit der Zeit lästig, wenn Menschen trotz
mangelnder Begabung nach Aufmerksamkeit suchen. Gelegentlich findet
sich ja so ein Philosoph bei uns im Forum, solche Künstler hingegen
sieht man an jedem Superstar-Casting zur Genüge…

gruss. luky

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