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  • unbekannter Benutzer

352 Beiträge seit 30.11.2009

Wie umsetzen?

Ich denke, die besten Anreize um nachhaltigeres Denken und Handeln zu
verbreiten ist es, es praktischer zu machen. Wenn es zum Beispiel
Ebookreader mit Solarzellen und Zeitungs- oder notfalls
Blogabbonements dafür gibt, können Leute ihren täglichen Schuss
Nachrichten kriegen, ohne dass dafür massenhaft Papier verschwendet
wird (oder der Batterieberg weiter wächst. (Nachteil: Die Werbung
wird geblockt und man braucht so ein Gerät). Wenn Geräte mit mehr
Qualität produziert werden, statt Schrott, der genau nach der
Garantiezeit (oder in einer ökonomisch sinnvollen Zeitspanne davor)
kaputt geht und die Teile sich leicht austauschen lassen, da sie
standardisiert sind, entsteht viel weniger Müll der teuer recycled
werden muss. Wenn überhaupt all der nutzlose Tinnef wie
Werbekugelschreiber, Cappuccino-Rührer, Plastikbesteck verschwindet,
wäre ich sogar bereit, auf Instantgerichte zu verzichten. Und hier
ist das Problem, denn solange das nicht passiert ist es einfach
"praktisch", für Hersteller wie Kunden. Es ist viel einfacher und
intuitiver, sich mal eben Schrott zu kaufen, ihn später wegzuwerfen
und sich dann neuen zu kaufen, wobei jedesmal Glücksgefühle
aufkommen, als sich einmal umfassend zu informieren und nach
mühseligen Vergleichen doch nur ein Produkt zu haben, dass exakt den
Erwartungen entspricht und die Mühe aus emotionaler Sicht absolut
nicht wert war, wenn man sich nicht damit tröstet jetzt ein viel
besserer Mensch zu sein, als all die Trottel die das nicht getan
haben, insbesondere aber die Trolle, die das selbe von sich behaupten
und zur Konkurrenz gegangen sind. 
Da aber ohnehin niemand Leute ernst nimmt, die sich den Kauf jedes
Yoghurtbechers 3mal überlegen und nur Produkte kaufen die
"nachhaltig" sind, ist es als Einzelne(r) schwer, sich dem zu
entziehen, zumal ohnehin alle vom Ende reden oder resigniert
aufeinander zeigen. Noch schwieriger ist es, nicht zu glauben, man
habe nun bereits den eigenen Teil getan, nicht zum Prophet unter
Sündern zu werden, und letztlich alle anderen noch weiter von
sinnvollerem Handeln abzubringen. Viel leichter und besser
kommunizierbar ist, denke ich, der Abstand von zuviel Leistungsdruck
und Kaufzwang als egoistisch-hedonistische Teilstrategie der
Selbstverwirklichung. Warum ständig arbeiten, wenn es nichts
Wichtiges zu tun gibt, wenn man die Zeit besser zur Vervollkommnung
sinnvoller Dinge nutzen kann? Warum sich einen neuen Computer kaufen,
wenn der Sperrmüll welche verschenkt, die mit ein wenig Arbeit ebenso
tauglich zum Surfen und Arbeiten ist - und hey,eine Spielkonsole
daneben - und da hinten ist sogar ein Fernseher...Lust auf Lesen?
Warum nicht in eine Bibliothek gehen, statt sich den neusten Roman
nur zum Lesen zu kaufen, noch besser, mit Freunden ein Wanderregal
einrichten, und all die Bücher und DVDs teilen, statt sie nur einmal
anzugucken und danach für immer zu archivieren. Das gleiche gilt für
Fähigkeiten: Thit for that, statt einem teuren Spezialisten tut es
oft auch ein Bekannter - vorausgesetzt natürlich man revanchiert sich
auf irgend eine Weise.
Ziel all dieser Aktionen: Vertrauen schaffen, das egoistische
Strategien erfolgloser macht, da es sie bestraft. Die Grundanahme des
ausser Kontrolle geratenen Kapitalismus ist es nämlich, dass jedes
Individuum grundsätzlich nur zum eigenen Vorteil handelt (früher
standen an Stelle des Individuums einmal Nationen), also letztlich
wie ein primitives Modell eines Tieres, dass seine Gene
weitervererben will. Für einige Menschen mag eine entsprechende
Grundstrategie zutreffen, aber sie ist ebenso wenig wie eine reine
Kooperationsstrategie sehr vielversprechend für Individuum wie
Umgebung und findet entsprechend auch bei primitivsten Tieren in
dieser Reinform kaum Verwendung. Ich glaube auch nicht, dass es für
irgend jemanden wirklich notwendig ist, dem Ego unzählige Konsumgüter
und Statussymbole darzubringen, bin aber gerne mit Menschen zusammen,
die ihren Drang, die Besten sein zu wollen, in Hobbies oder Spielen
ausleben. 
Zur Kontrolle von Massen ist ein derartiges Empfinden dagegen
natürlich höchst brauchbar, da durch die gegenseitige Zerfleischung
wenig Geschlossenheit zu erwarten ist, also ist es auch kein Wunder,
dass das Individuum und seine Freiheiten sehr gerne betont werden und
insbesondere die Interaktion der Individuen untereinander gerne als,
an die Biologie angelehnter, Kampf um das bessere Leben verstanden
wird. Inwiefern das sogar ganz wörtlich gemeint ist, zeigt sich denn
auch an Kriegen und der Behandlung von "Schmarotzern" durch die
Obrigkeit, oder der Furcht, dass "die Deutschen aussterben". Spannend
finde ich auch, angelehnt an einige der Debatten über
Geschlechterrollen hier im Forum, dass Männern, die sich zu ihrer
Maskulinität bekennen, offenbar nur die Wahl gelassen wird, entweder
smarte Raubtiere oder erbärmliche Ungetüme zu sein, ein Dazwischen
oder ein jenseits-von im Sinne der sympathischen Aussteiger und
Nischenfinder scheint es so in der Medienlandschaft nicht zu geben.
Nicht wirklich mein Problem, aber spannend.
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