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  • mc bad

441 Beiträge seit 25.07.2001

Re: Funktionalisierung der Gesellschaft

DreamTimer schrieb:
> Der Künstler, wie auch der Philosoph, der letztlich keiner Norm
> unterworfen ist, wird in keiner anderen Epoche so verehrt, wie in der
> Frühmoderne. Joseph Beuys und Andy Warhol hatten ihn schließlich
> demokratisiert und das Genie zum Ideal für jedermann erklärt. Das
> war, denke ich, eine ehrenwerte Überforderung.

Und was macht das überforderte Subjekt, nachdem es zum
Fünf-Minuten-Genie erhoben wurde? Es wurstelt die Kriterien für das,
was Kunst ist, so lange herunter, bis auch "Genies" wie Pipilotta
Rist über die Latte springen und allen Ernstes behaupten können , sie
stünden in einer Reihe mit da Vinci oder Van Gogh.

Warhol freilich ist das Phänomen schlechthin. An ihm lässt sich
wunderbar demonstrieren, wie Kunst sich in reine Kommunikation über
die Kunst aufzulösen begann. Man hat oft gesagt, seine Bilder hätten
keine Tiefe. Wie auch? Nur die reine Oberfläche läßt sich
vervielfältigen. Das Heitere an ihnen ist, dass sie einem ständig zu
sagen scheinen: Versuch bloß nicht, dir etwas dabei zu denken. Er
ahnte wohl nicht, dass er damit die Generation nach ihm in ein
furchtbares Dilemma stürzte. Wenn der Gegenstand und die Art und
Weise der Darstellung bedeutungslos werden, sind  Präsentation und
Verpackung, Event und Publizität  alles. Kein "Kunstwerk" kommt mehr
ohne Trommler und Claquere aus, die ihm Theorien, Interpretationen
und Lesarten vorausschicken und ihm Zeitgeist und Trend bescheinigen.
Selbst was als Ironie gedacht ist, gehört heute zur Marketing- und
Werbestrategie. 

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