Little Louis schrieb am 29.05.2017 14:06:
Es gab vor längerer zeit mal einen, der kundtat, dass man sage dass es auf der ganzen Welt nur wenige Personen gäbe, die Relativitätstheorie verstünden.Aber außer sich selbst kenne er sonst niemanden. Also kein Naturwissenschaftler ,sondern Metaphysiker?
Naja, man muss eine kleine Koketterie nicht gleich zu einem metaphysischen Statement adeln. ;-) Auch die ART wird mittlerweile schon technisch verwendet (GPS, Graviationslinsenastronomie).
Da es bei den meisten der Theorien der theoretischen Physik bzw. der Kosmologie prinzipiell keine realistische empirische Prüfungsmöglichkeit gibt,
Also, so ist das ein bisschen zu pauschal. Bei der QM trennt man i.a. sehr genau die (formale) Theorie und die (metaphysische) Interpretation (auch wenn sie i.a. nicht explizit als "metaphysisch" bezeichnet wird, obwohl sie es natürlich ist).
Selbst bei der Kosmologie, wo die experimentelle Suppe oft extrem dünn ist, gibt's meist schon eine prinzipielle Überprüfbarkeit. Da hilft nur, so wie immer, das Gallilei Programm: Messen was messbar ist und messbar machen was es noch nicht ist. Auch Krücken wie dark matter / energy sind methodisch OK - wenn man sich bewußt ist, dass es Krücken sind (so wie seinerzeit Äther) d.h. summarische Platzhalter für etwas, das man noch nicht verstanden hat.
Bleiben Versuche zur ToE (Stringtheorien, Quantum Loop Gravity etc). Ja, da ist vieles rein spekulativ und es stellt sich in der Tat die Frage, ob das noch ernstzunehmende Physik oder nur mehr Unterhaltungsmathematik für Hochbegabte ist.
Und warum soll Introspektion keine naturwissenschaftliche Methode sein ,wenn man sie mit naturwissenschaftlichen (physikalischen) Methoden betreibt?
Weil sie nicht unabhängig überprüfbar ist, und das wird i.a. methodisch gefordert. Wie ein "Kompromiss" aussehen könnte, hab ich ja versucht zu skizzieren.
Schon vor längerer Zeit war ein Wissenschaftsphilosoph der Meinung, dass Philosophie nur Sinn macht, wenn man sie auf der Grundlage naturwissenschaftlicher Erkenntnis über die Wirklichkeit betreibt.
Klar, das Problem ist, dass die Philosophie da i.a. ca. 100 Jahre hinterherhinkt. Da wird jetzt noch dem guten alten mechanistischen Vulgärmaterialismus und seiner Welt als Uhrwerk hinterhergetrauert, der spätestens seit der Solvay-Konferenz von 1927 als physikalisch widerlegt angesehen werden kann.
Bei der Aussage, Psychologie sei eine Naturwissenschaft begibt sich ein Großteil der derzeitigen Naturwissenschaftler in den Keller, um dort ihren Lachanfall ungestört bewältigen zu können. Sehr viele scheinen auch heute noch wie naive Empiriker oder Positivisten zu denken und nicht wenige wollen " der " Psychologie pauschal den Wissenschaftsstatus absprechen.
Na, so weit würde ich nicht gehen. Wissenschaft auf alle Fälle, denn das Erleben ist zweifellos Teil des psychischen Geschehens und ein legitimer Forschungsgegenstand.
Aber eben keine Naturwissenschaft. War nicht ohne Grund die bis jetzt letzte fachliche Abspaltung von der "Restwissenschaft" Philosophie.
Ich bin zwar kein "naiver" Materialist, aber auch Sie blasen eventuell das (subjektive) "Erleben" (= Qualia) zu einer (metaphysischen) Größe auf, die ihm eventuell nicht zukommt.
Nun, für meine Einordnung hab ich mich bloß der gängigen begrifflichen und methodischen Konventionen bedient. Wenn die Physik die "Restwissenschaft" der Naturwissenschaften ist und sich letztere als Forschungsgegenstand die intersubjektive Realität gewählt (und natürlich auch deren Existenz postuliert und vorausgesetzt) haben und Erleben per definitionem subjektiv ist, dann macht das Qualia eben zu einem metaphysischen Phänomen. Damit ist per se einmal keinerlei Wertung verbunden.
Wenn man sich allerdings vergegenwärtigt, dass Qualia das einzige ist, was unserem Bewusstseinsstrom unmittelbar zugänglich ist und ihn in einem gewissen Sinne sogar konstituiert, dann fällt es schwer, das als unwichtig zu betrachten. Als einziges unmittelbar gegebene ist sie der Angelpunkt sowohl der Ontologie als auch der Transzendentalphilosophie resp. Erkenntnistheorie - und jede Metaphysik, die ernst genommen werden will, wird sich damit auseinandersetzen müssen. Das Phänomen zu leugnen oder zu marginalisieren ändert daran nichts, weil jeder einzelne über seinen individuellen Gegenbeweis verfügt. Die Fragestellung ist da und sie ist so alt wie die Menschheit.
ignatius