Als ich zum ersten Mal den Film "Der Soldat James Ryan" im Kino sah und über die sehr realistisch dargestellte Anfangsszene der Landung in der Normandie geschockt war, dachte ich, dass niemand der diese Szene gesehen hat, freiwillig in den Krieg zieht.
Ein halbes Jahr später begann der Krieg gegen Jugoslawien, der erste Angriffskrieg einer deutschen Regierung nach 1945. Ich hatte mich geirrt.
Der Ukrainekrieg dürfte einer der am besten dokumentierten Kriege sein. Während im ersten und zweiten amerikanischen-irakischen Krieg die Medienberichterstattung noch unter der Zensur des US-Militärs litt, kann heute jeder mit einem Internetanschluss sich die Bilder vom Krieg auf sein digitales Endgerät holen. Zur Auswahl stehen die Bilder der Bodycam der Soldaten beim Töten und Getötet werden, Folterszenen, die Erschießung von Gefangenen, die Nahaufnahme der Kamikazedrohne beim Anflug auf ihr Ziel oder die Vogelperspektive der Drohne beim Abwurf ihrer tödlichen Last auf die Soldaten unter ihr und als Ergebnis deren zerrissene Leichen. Der Grad der Brutalität dieser Bilder hängt vom eigenen Geschmack ab, es gibt Telegram-Kanäle die genau damit werben.
Abgesehen das auch eine schleichende Abstumpfung und eine Gewöhnung an diese Bilder geschieht, verhindern diese Bilder keinen Krieg. Sie bieten wenig Information über den Kriegsverlauf, sie sind eher Kriegsporno, begeistert die Verrohten oder verroht die Kriegsbegeisterten.
Es sind nicht die Bilder, sondern es ist das Übermaß an Macht, dass zu Kriegen führt. Wenn niemand die Macht hat, für die eigenen Interesse andere in den Krieg zu schicken, wäre schon viel erreicht. Machtbegrenzung, Machtkontrolle, zeitliche Limitierung der Macht und ganz wichtig: Wirtschaftsdemokratie, um Kontrolle über wirtschaftliche Interessen auszuüben, die besonders im Kapitalismus immer wieder zu Krisen und kriegerischen Konflikten führen. Diese Grundprinzipien sollten in Ost und West gelten, neben Putins Cäsarenwahn neigen auch die kapitalistischen Demokratien zu imperialen Kriegen, wie die lange Liste der westlichen Interventionen seit 1945 zeigt.