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  • BythMuster

mehr als 1000 Beiträge seit 07.10.2020

Es ist ein schwieriges Thema und der typische Basher hat keine Ahnung

Fangen wir mal in der Kommunalpolitik an. Wer von denen, die hier laut Politiker kritisieren, hat sich schonmal aktiv ein paar Jahre in der Kommunalpolitik eingebracht und in Ausschüssen mitgearbeitet? Die meisten sicher nicht. Sonst wüssten Sie, was alleine dieses Ehrenamt schon an Aufwand bedeutet und welche Konflikte damit verbunden sind (z.B. wenn die AfD in die Kommunalpolitik einzieht und plötzlich die eigene Familie von Neonazis bedroht wird, weil irgendeine Entscheidung nicht genehm war). Das kommt jedes Jahr viele 1000 Male vor, und es ist nicht immer die AfD.

Auf Kreis-/Bezirksebene wird es dann langsam "professionell". Die Tragweite der Entscheidungen wird größer, längst nicht alle gewählten Volksvertreter haben eine Ausbildung, die es Ihnen ermöglicht, alle zu diskutierenden und entscheidenden Themen zu überblicken. Wie auch. Keiner ist Dr. Med. Jurist-Buchhalter-Abwasserexperte. Also verlässt man sich auf seinen gesunden Menschenverstand, arbeitet viel (Aktenberge, Hintergründe) und ist "nebenbei" auf Veranstaltungen präsent.

Auf Landesebene ist der Politikbetrieb dann durchprofessionalisiert. Das Arbeitspensum liegt, wenn man nicht gerade zur AfD-Feierabendfraktion gehört, bei 50 Stunden pro Woche (zuzüglich Partei-/Wählerarbeit). Wenn man seinen Job ernst nimmt. Üblicherweise ist das Themenspektrum noch eine Kategorie breiter, und natürlich findet man auch hier keine Universalgelehrten. Im Gegenteil: da kaum einer 40 Jahre im Parlament sitzt und man vom Übergangsgeld auch nur 18 Monate leben kann, will der Schritt ins Parlament wohl überlegt sein. Will man sich nicht wirtschaftlich ruinieren (oder hatte von Anfang an vor, seine Abgeordnetentätigkeit zu kapitalisieren), kommen eigentlich nur Beamte (Lehrer ...) und wenige "freie" Berufe, wie z.B. Anwälte in Frage. Die können, im Gegensatz zu den meisten anderen Berufen, auch nach vielen Jahren noch wieder in ihren alten Job einsteigen. Und nun muss man sich die Frage stellen: was erwartet man von Abgeordneten, die de facto kaum/wenig Kenntnisse aus gesellschaftlichen/wirtschaftlichen Bereichen haben können? Was würde unsereiner tun? Wir würden gesellschaftliche Gruppen bzw. "die Wirtschaft" fragen. Gesellschaftliche Gruppen (Vereine, NGOs, Initiativen, Verbände, ...) und Unternehmen stehen vor einer ähnlichen Herausforderung, nur in der umgekehrten Richtung. Und voila: geboren war der Lobbyist.

Kurz gesagt: wir haben in unserer Gesellschaft ein Umfeld erzeugt, dass Lobbiysmus nicht nur fördert, sondern sogar belohnt. Einfach, weil es anders gar nicht geht. Da hilft es jetzt wenig zu beklagen, dass es Lobbyisten gibt und einige Politiker das ausnutzen. Wir müssen das Umfeld ändern, und das ist unsere Verantwortung. Z.B. dadurch, dass man sich aktiv an Politik beteiligt, anstatt seinen Müll in irgendwelche Foren zu kippen. Aber wer tut das schon ...

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (31.03.2021 08:41).

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