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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

Reinheit II

Die Neigung, alles über den ideologischen Kamm - den angeblich nur die Gegenseite nutze - zu scheren führt dazu, dass der Analyseversuch unscharf wird und das angeblich eigentliche Ziel, die Verhinderung ökologischer Desaster aus den Augen verloren wird.

Wer etwa am Begriff 'Bevölkerungsexplosion' Entmenschlichung exemplifiziert, macht einen Nebenkriegsschauplatz auf - man kann den Vorgang gern auch anders umschreiben - und drückt sich um die Auseinandersetzung mit dem Problem an sich. Wir sind zu viele. Jedenfalls bei der Lebensweise, die heute als menschenwürdiger Standard angesehen wird. Das merkt man daran, dass die Zunahme der Menschenzahl parallel läuft zur Abnahme anderer Lebensformen, zu Wasser und auf dem Land. Von den sonstigen ökologischen Lasten, die die Menschheit täglich dem Planeten aufbürdet und die kurzfristiger als die Meisten glauben ihr Überleben massiv erschweren werden, gar nicht zu reden.

Es ist ein Kurzschluss, von der Feststellung der immer noch zunehmenden Überbevölkerung umstandslos auf Fremden-, Geflüchtetenhass zu schliessen. Es gibt auch Menschen, die das Problem nicht auf dem Rücken der bereits Geborenen austragen wollen. Bewusstsein für die Bevölkerungsproblematik ist nicht gleich politisch rechte Gesinnung.

Es ist auch irreführend, von XR-Hallam zu behaupten, er habe Rassisten eingeladen. Seine Aussage zum Holocaust war sicher ungeschickt und vorallem gänzlich unnötig, aber nicht, wie unterstellt, verharmlosend gemeint. Es ist nicht grundsätzlich falsch zu sagen, in der Geschichte seien weitere grauenvolle Ereignisse vorgekommen. Eine Art Ranking des Unerträglichen aufstellen zu wollen scheint mir nicht sinnvoll. Was wollen wir mit den Scheusslichkeiten anfangen, die die Spanier in der Neuen Welt verübten? Nicht systematisch genug? Da könnte man noch drüber streiten. Jede Zeit bringt ihre eignen Ungeheuer hervor, die der Industrialisierung eben den industrialisierten Genozid.

Ich glaube nicht, dass es zielführend ist, im Kampf ums Ökologische auf der reinen Lehre zu bestehen. Eine gewisse, durchaus zu begrenzende Offenheit - Sündenbock-Politisierer sind relativ leicht als solche zu erkennen - kann die Schlagkraft erhöhen. XR ist das Kind einer Verzweiflung. Es ist fünf nach zwölf, und es wird munter weiter gemacht. Diese Bewegung mit einigermassen nebensächlichen Argumenten als unrein abzustempeln ist ein Luxus, den die ökologische Bewegung sich längst nicht mehr erlauben darf.

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