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  • elklynx

mehr als 1000 Beiträge seit 07.04.2004

Solidarität mit Israel ist mehrdeutig - das ist die Unsauberkeit im Artikel

Jedem deutschen Politiker, der "Solidarität mit Israel" fordert, vorzuwerfen, er unerstütze Netanjahus (zwischenzeitlich aus dem Amt gejagt) Siedlungspolitik ist gar nicht so viel anders, als das Verbrennen einer Nationalflagge mit Judenhass gleichzusetzen. Was dieses "Israel" ist, schwankt eben extrem zwischen Benjamin Netanjahu und Jitzchak Rabin. Solidarität mit Israel bedeutet für mich persönlich nur die Anerkennung, dass Israel nicht mehr weggemacht werden sollte--was nicht zwangsläufig ausschließt, dass seine Selbstdefinierung geändert werden muss. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der "Staat" Palästina auch nicht älter ist. Zum im Artikel unterschlagenen Gründungskontext um Theodor Herzl als Reaktion auf den Ende des 19. Jh., jawohl, bereits stattfindenden Antisemitismus im immer sozialdarwinistischeren Europa, gehört auch dazu, dass Palästina eine undefinierte Gegend im Osmanischen Reich ohne großen wirtschaftlichen Wert für die osmanische Obrigkeit war, an der lediglich die Muslimische Herrschaft über Jerusalem mit dem seit dem letzten Kreuzzug festgeschriebenen Grundregel, dass Nichtmuslime in Jerusalem keine Waffen tragen und keinen Grund erwerben durften, von muslimischem Interesse war. Diese Regel wurde nicht durch Zionisten aufgehoben, auch wenn Herzl dafür Überzeugungsarbeit leistete, sondern vom eigentlich antijudaistischen, deutschen Kaiser mit dem osmanischen Reich ausgehandelt, damit der Kaiser seine Bagdadbahn auf jedem Meter mit Militärgewalt selbst sichern konnte.

Solidarität mit Israel kann auch etwas ähnliches bedeuten, wie Solidarität mit Belarus gegen Lukaschenko. Solidarität mit einem Land, nicht zwangsläufig mit dem Staat. Ob die Fortführung des überholten europäischen Nationalstaatgedankens in Israel sinnvoll ist bleibt trotzdem anzweifelbar und ich persönlich bin deswegen auch durchaus unentschieden, ob ich, auch wenn ich oben definiert habe, was für mich Solidarität mit Israel bedeutet, diese uneingeschränkt leisten will. Man muss aber anerkennen, dass auch Palästina einen irrwitzigen Mythos verfolgt, wenn es sich einredet, das Land Palästina habe seit dem Spätmittelalter arabisch floriert. Es war für alle Sultane eine Walachai und deswegen war der letzte Sultan auch so schnell bereit, es zu verkaufen. Dort lebten Nomaden, die wie überall in Europa (Kurden, Kirgisen, Sámi) unter das Joch der vermeintlich zivilisierteren Völker (Deutsche, Engländer, Russen, Schweden aber eben auch Osmanen/Türken) fielen.

Natürlich ändert das nichts daran, dass Israel momentan viel zu viel Herrschaft über Palästina ausübt. Aber solange die Hamas deutlich macht, dass sie auf jeden Fall nicht zufrieden sein werden, bevor Israel verschwunden ist, ist selbst ein politisches Wirken gegen dieses Unrecht, das von Israel ausgeht, unglaublich vertrackt und das ist der Punkt, warum Star Trek's Next Generation im Regelfall das Nichteinmischungsprotokol favorisiert, weil keinem geholfen ist, wenn der Unterjochte dann einfach zum neuen Unterjocher wird. Ist das nicht auch gerade der Vorwurf, den man vielen israelischen Regierungen machen kann, dass sie blind gegenüber dem eigenen Unterdrückersein sind, nachdem ihre Groß- und Urgroßeltern aus der Unterdrückung in Europa flohen? Ich persönlich beurteile Natanjahu als ziemlich faschistisch--die Hamas als solche beurteile ich allerdings ebenfalls als ziemlich faschistisch, diese politische Organisation ist von den Kopfabhackern der ISIS nicht weit entfernt und man muss sie genausowenig unetrstützen, um Araber zu Gerechtigkeit zu verhelfen, wie man Netanjahu unterstützen muss, um Israelis zu Gerechtigkeit zu verhelfen.

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