grechlni schrieb am 22.05.2017 03:10:
Die Trivialisierung liegt in Deinem "Genau wie in Auschwitz". Nein, eben nicht genau wie in Auschwitz. Der heutige omnipräsente Blick auf das Grauen ist genau der Unterschied zu Auschwitz und das gilt es zu verstehen, wenn man auf allgemeingültige Verhaltensmuster hinaus will.
Der heutige omnipräsente Blick auf das Grauen ist selektiv und wird instrumentalisiert. Und das ist so trivial wie es abartig ist. Dazu kommt dass dieser Blick Unterhaltungswert hat und als Nachrichtenware verkauft wird.
Und ja, ich halte für Desinteresse, was die Masse der Menschen nicht gesteuerten Nachrichten gegenüber an Aufmerksamkeit entgegenbringt. Und wenn man es nicht so einordnen will für eine Folge dieser medialen und mentalen Selektion, die dazu führt, dass sie sich aus der Verantwortung stehlen können. Wer von den Spendern blickt denn auf die Drohnenopfer um die es hier ging? Eine handvoll "Begeisterter" - um in Deinem Sprachmodus zu bleiben - die eh schon davon wissen, welches Unrecht dort geschieht. Der Rest schaut weg. Und das ist nicht anders als in Auschwitz, da kannst Du mir erzählen was Du willst. Auch wenn die Dimension eine andere ist, so ist das Verhalten der Bevölkerung, der politischen und medialen Eliten vergleichbar.
Und wenn es um Dimensionen des Grauens geht: Wer blickt auf die Atombombenopfer von Hiroshima und Nagasaki, einschließlich der Spätfolgen, Krebs, Fehlgeburten bis zum heutigen Tag? Wer interessiert sich aktiv für die Opfer der amerikanischen Agent Orange Einsätze?
https://de.wikipedia.org/wiki/Agent_Orange
2002 litten nach Schätzungen des Roten Kreuzes etwa eine Million Vietnamesen an gesundheitlichen Schäden durch Spätfolgen von Agent Orange, darunter sind etwa 100.000 Kinder mit angeborenen Fehlbildungen.[2] Während geschädigte ehemalige US-Soldaten nach gerichtlichen Auseinandersetzungen von den damaligen Herstellerfirmen finanziell entschädigt wurden, erhielten vietnamesische Opfer bis heute keine Entschädigung. Eine entsprechende Sammelklage in den USA wurde 2005 abgewiesen, da der Einsatz von Agent Orange „keine chemische Kriegsführung“ und deshalb kein Verstoß gegen internationales Recht gewesen sei.
Wer engagiert sich für die Opfer der Uran Munition, die von der Nato verschossen wurde?
http://www.kasseler-friedensforum.de/pdf/Artikel_Uranmunition_Wagner.pdf
Es gibt, selbst nach konservativen Schätzungen, Millionen von Opfern allein amerikanischer Kriege und Interventionen. Menschen für die sich niemand interessiert, die aber unter uns leben. Stattdessen berichtet die Tagesschau von dem 300 Milliarden Doller Waffendeal die der amerikanische Präsident mit den Saudis abschließt und Anne Will zeigt wiederholt Ursula von der Leyen, die die Militärausgaben erhöhen will. Das ist selektive Berichterstattung, die zu dem Desinteresse führt, das Du ja auch erkennst.
Dass die Menschen nach Schreckensbildern mehr spenden, sagt wenig aus über die Empathiefähigkeit der Menschen im Allgemeinen. Und noch weniger darüber, wie die Schreckensbilder zusammengesetzt sind, welcher Schrecken gezeigt wird und was von den Menschen wahrgenommen wird. Die Auswahl der Bilder und der Berichterstattung erzeugt selektive Wahrnehmung bei den Nachrichtenkonsumenten. Vermutlich reagiert jeder auf verhungernde Kinder oder zerbombte Städte. Umso perfider ist die Realität, bestimmte Inhalte in den Mainstreammedien gar nicht erst oder nur am Rande zu thematisieren und andere dafür als Dauerberieselung unter das Volk zu bringen. Das erzeugt natürlich Mangel an Handlungs- und Denkalternativen. Da bin ich mit Dir einer Meinung und das kann man diskutieren. Aber darum ging es mir in dem Fall nicht. Es ging mir um das Desinteresse der Menschen für das es natürlich Ursachen gibt. Über dieses Desinteresse hatte ich mich geäußert. Und das, was ich persönlich sehe, halte ich für alles andere als trivial und den historischen Vergleich nach für vor für mehr als angemessen.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (22.05.2017 18:43).