grechlni schrieb am 21.05.2017 15:28:
So sehr Du recht hast, ich verstehe nicht woher die Begeisterung dafür kommt, das Dritte Reich zu trivialisieren. Ja, Menschen sind so, aber Washington ist nicht Berlin und 2017 ist nicht 1933.
Kommt die Aussage nicht ohne diese Blasen aus? Ist sie nicht stark genug, hat sie keine Vorbilder die ohne den "Supergau" der Menschheit auskommen?
Was denn für eine Begeisterung? Welche Trivialisierung? Warum hast Du es nötig, meine ernst gemeinte Aussage rein rhetorisch als "Blase" zu diskreditieren, ohne auch nur das geringste inhaltliche Argument? Wenn Du schreibst, dass Washington nicht Berlin sei und 2017 nicht 1933 zeigt das nur, dass Du den Kern meiner Aussage gar nicht berührst.
Auch dass ich das so genannte Dritte Reich trivialisiere, ist nicht viel mehr als eine polemische Behauptung, die wenig mit meinem Beitrag zu tun hat. Ich habe primär gar nicht über das Dritte Reich geschrieben, sondern über den Hintergrund der ganz normalen Menschen, aus dem heraus das Böse immer wieder zu solchen Katastrophen führt. Und das kann man sehr wohl vergleichen. Wenn Du glaubst, dass das dieser Hintergrund bei den Nazis in den dreißiger Jahren anders war, als heute, dann schlage ich Dir vor, Dir mal den Film "I Am Not Your Negro" anzuschauen ( http://www.arte.tv/de/videos/051638-000-A/i-am-not-your-negro )
"Die Banalität des Bösen", wie Hannah Arendt formulierte, als sie das Buch über den Eichmann Prozess schrieb, ist eine grundsätzliche Tatsache, die für alle Zeiten und Völker der Welt immer und überall zutreffend ist. Ob das nun in den Horror eskaliert, der für unsere Geschichte beispiellos war, steht auf einem anderen Blatt. Mir ging um etwas anderes: Um die Bedingungen, die in den Menschen angelegt und vergleichbar sind. Ich habe keine Lust, aktuelle Besipiele aufzuführen, die Welt ist voll davon. Und welche Dimension, das letztlich annimmt ist von diesem universellen Hintergrund unabhängig, der sich tagtäglich in der Gleichgültigkeit der Massen bestimmten Themen gegenüber nachweisen lässt.
Als sie "Die Banalität des Bösen", schrieb, das Buch über den Eichmann Prozess schrieb hat Hannah Arendt sich den Zorn all derer zugezogen hat, die weiterhin darauf bestehen mussten, dass die Nazis in Deutschland ein monströser Sonderfall der Geschichte sei, der keine Vergleiche duldet. Aber das genau ist der Irrtum: Das Böse ist banal und es findet seine Grundlage ebenso in den ganz einfachen Menschen in Washington und bei uns heute, wie bei all denen, denen wir die Rolle der Bösen so selbstverständlich zuweisen. Das ist doch der Punkt: Otto Normalbürger interessiert sich nicht großartig für den Mord, der auch heute direkt vor seinen Augen stattfindet. Er interessiert ihn nur insoweit, als sein eigenes Rollenverständnis davon bestätigt oder in Frage gestellt wird.
Das Wegschauen, die Gleichgültigkeit der Massen, die hinter Leithammeln herlaufen, das nicht Wahrhaben wollen von Unrecht bleibt das Gleiche. Auch wenn es sich in unterschiedlichem Ausmaß äußert. Mit Relativieren hat das wenig zu tun. Im Gegenteil: Es ist bequem und einfach, sich hinter dem Argument zu verstecken, dass das, was damals mitverantwortlich das Grauen hervorgebracht hat nicht mit Verhaltensmustern vergleichbar sei, die heute den Alltag in der sogenannten zivilisierten Welt bestimmen. das als Blase zu bezeichnen ist ignorant und darüber hinaus beleidigend. Was meines Erachtens zwar eine Schutzfunktion ist, in keinem Fall aber dazu führen wird, dass ich mich ich mich auf diese (nicht) argumentative Ebene einlasse.
Arendt bezeichnet Eichmann als normalen Menschen. Abgesehen davon, dass er eine Karriere im SS-Apparat machen wollte, hatte er kein Motiv, vor allem war er nicht übermäßig antisemitisch. Er war psychisch normal, kein Dämon oder Ungeheuer. Er erfüllte nur seine Pflicht, er hat nicht nur Befehlen gehorcht, sondern dem Gesetz gehorcht
[...]
Arendt betont das Neue an den von Eichmann und den übrigen Nazi-Deutschen verübten Verbrechen, dieses Neue stellte auch das Jerusalemer Gericht vor besondere Herausforderungen. Am Beispiel der verschiedenen Verfolgungsgrade in den besetzten Ländern stellt sie dar, wie ein Widerstand der Bevölkerung und der einheimischen Administration Juden das Leben rettete (in Bulgarien, Italien, Dänemark: Rettung der dänischen Juden), während die bedingungslose und z. T. vorauseilende Zusammenarbeit (z. B. durch Vichy-Frankreich) den Nazis das Morden erleichterte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Eichmann_in_Jerusalem