Ansicht umschalten
Avatar von Pnyx (1)
  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

the missing link

Alles nicht falsch, aber es fehlt ein wichtiges Element, das wohl entscheidende. Nämlich das ökonomische.

Die führenden nationalen Kapitalismen befinden sich in einem Kampf, den sie eigentlich längst verloren haben. Ein langer kapitalistischer Zyklus ist vorbei, die inneren Systemwidersprüche haben schon vor Jahrzehnten dazu geführt, dass Spekulationen im Finanzsektor lukrativer sind als Investitionen in die reale Wirtschaft. Das eigentliche Ende kam mit der sogenannten Finanzkrise, wird aber seitdem mit systemwidrigen und daher selbstdestruktiven Mitteln hinausgezögert. Immer neue Kaskaden an Fiat-Geld werden ins System gepumpt, der Preis für Geld, also für Kredite, auf Null gesetzt oder sogar invertiert. Lange führte das bloss zu steigenden Schulden, nicht aber zur allenthalben erwarteten Inflation. Schulden sind nur tödlich, wenn man sie nicht mehr refinanzieren kann und eben das wird auf die beschriebene Weise nachhaltig verhindert.

Seit der Pandemie hat sich aber etwas geändert. Die physischen Präventionsmassnahmen und die Tatsache, dass nun ein Teil der Geldströme in den normalen Konsumkreislauf floss, lösten zusammen die lang vermiedene Inflation aus. Nun wird es brennzlig. Entweder die Reduktion der Kaufkraft zulassen, mit dem damit verbunden Risiko politischer Unruhen, oder mit Zinserhöhungen die de facto weit überschuldeten Wirtschaftsexponenten zu Fall bringen.

Die Standardlösung am Ende eines langen Zyklus ist historisch stets ein Grosskrieg gewesen. Davor schreckte man im Bewusstsein der Vernichtungskraft der heutigen Überwaffen zunächst zurück. Nun aber sind es immer mehr einflussreiche Exponenten des Systems, die das Risiko einzugehen bereit sind. Dazu gehört gewiss der im Artikel thematisierte Blob.

Es ist das wirtschaftliche Sentiment, das schliesslich über Krieg oder Frieden entscheidet, den Ausschlag gibt. Auch wenn Heerscharen von Wirtschaftsjournalisten von anstehenden Zinserhöhungen sprechen, wie wenn das folgenlos möglich wäre, ist doch allgemein bekannt, dass es nicht so ist. Daher ist es keine Überraschung, dass die Reaktion auf die legitimen russischen Forderungen - wie es z. B. Macron und heute in einem Interview die nzz einräumt - eine fugenlos ablehnende ist. Gegenwärtig verdanken sich die Handlungen der meisten politischen Akteure dem Kampf um die Hoheit über die öffentliche Meinung, nicht dem Wunsch, die Krise zu entschärfen. Die an sich kriegsunwilligen Bevölkerungen sollen auf Linie gebracht werden. Die Ratlosen haben ihre Entscheidung längst gefällt.

Bewerten
- +
Ansicht umschalten