Mathematiker schrieb am 12.04.2023 13:01:
IUnd das Schöne am Ami-System:
- Dort werden nur Personen gewählt. Keine Seilschafter im Hintergrund
Das ist aber auch nur die Theorie. In der Praxis kannst Du inzwischen die Personen, die ohne die Unterstützung der Seilschaft im Hintergrund gewählt werden, pro Jahrzehnt an den Fingern einer Hand abzählen. Der letzte große Aufreger in der Hinsicht war wohl Alexandria Ocasio-Cortez die tatsächlich gegen den von den Seilschaften ihrer Partei unterstützen Funktionär aufgestellt wurde. Das ist über 5 Jahre her.
- Dort gibt es genau 2 Wahltermine. Kein Dauerwahlkampf, wie bei uns.
Mal abgesehen von den ganzen Primaries, die eigentlich mindestens 8 Monate in jedem zweiten Jahr für Dauerwahlkampf sorgen. Und abgesehen von den Nachwahlen, wenn mal wieder ein gewählter Abgeordneter ausscheidet (durch Tod oder weil er auf einen anderen Posten wechselt, warum auch immer). Und abgesehen von allen möglichen Wahlen, die nicht direkt was mit den Parlamenten zu tun haben, wie letzte Woche die Wahl zum Supreme Court von Wisconsin. Wie letzen Sommer die "Recall-Wahl" gegen den Gouverneur von Kalifornien.
- Dort müssen sich, bis auf dem Supreme-Court, alle wichtigen Amtsträger einer Wahl stellen.
Dass das immer ein Vorteil ist, beweifle ich. Z.B. bei örtlichen Sheriffs, Richtern oder Staatsanwälten. Oder auch bei "Ministern" oder Vizegouverneuren. Diesen Zirkus, dass ein separat gewählter Vizegouverneur an Tagen, an denen er das sagen hat, weil sich der Gouverneur außerhalb des Staates aufhält (z.B. bei der Jahresversammlung aller republikanischen Gouverneure), irgendwelchen "Unsinn" per Verordnung vorschreibt, der dann drei Tage später wieder kassiert wird (wenn der Gouverneur wieder zurück ist), den braucht doch kein Mensch.
- Das größte, demokratisch gewählte Parlament der Erde. Wenn man noch die föderale Struktur und deren Substrukturen berücksichtigt, gibt wohl nirgendwo soviele bezahlte politische Amtsträger pro Einwohner, wie in Deutschland. Zuzüglich der ganzen "Beauftragten".
Wenn man sich mal auf die Ebene der Bundesstaaten schaut, sieht die Sache gerade in den USA sehr Unterschiedlich aus. Das riesige Kalifornien hat ein Parlament mit 80 Abgeordneten, das halb so große Florida leistet sich 120. Das winzige Wyoming hat immer noch 60 Abgeordnete, aber den Rekord hält New Hampshire, das sich für seine knapp 1,4 Millionen Einwohner 400 Abgeordnete leistet. Und da kommt dann jeweils auch noch ein Senat dazu...
Im Schnitt - weil sich gerade die großen Bundesstaaten sehr zurückhalten - bleibt es zwar bei weniger bezahlten politischen Amtsträgern pro Einwohner, aber die Ausschläge von Bundestaat zu Bundesstaat sind viel extremer als bei uns die Unterschiede von Bundeland zu Bundesland.