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  • 12haf

557 Beiträge seit 24.01.2002

Re: Der Rubelkurs erzählt eine ganz andere Geschichte

who_benefits schrieb am 27.02.2024 08:16:

Eins verstehe ich bei dieser ganzen Argumentation nicht:
Noch vor ein paar Jahren wurde China Währungsmanipulation vorgeworfen, als deren Währung abgewertet wurde¹. Sie verschaffen sich damit unfaire Vorteile im internationalen Wettbewerb...
China und Russland haben beide einen signifikanten Außenhandelsüberschuss, trotzdem wird eine Abwertung der jeweiligen Währung konträr kommentiert, warum?
Kannst du mir das erklären? Danke.

¹https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/china-weist-us-vorwurf-der-wahrungsmanipulation-zuruck-5028529.html

Einfachste Fall: Land mit eigener Währung kommt ohne Importe aus.
Dann kann der Staat sich praktisch unendlich verschulden, also z.B. beliebig viel in Rüstungsgüter stecken, solange die Infrastruktur erhalten wird. Der "Wert" der Währung gegenüber anderen Ländern spielt keine Rolle und hat keine Teilhabe an der restlichen Welt.

China:
Rohstoffreiches Land, auf wenige Importe angewiesen, exportiert verarbeitete und hochwertige Güter. Damit die exportierten Güter auf dem Weltmarkt nicht zu teuer werden, ist es besser wenn die Währung nicht zu stark wird. Dadurch werden importierte Waren etwas teurer, aber die Wertschöpfung der exportierten Waren macht das um ein Mehrfaches wieder gut.
Wenn der Renminbi gegenüber dem US-Dollar leicht abwertet, ist dies ein Exportvorteil für China und die US-Konkurrenz hat weniger Chancen gegenüber günstig importierten Waren aus China - daher die Kritik an China (ob gerechtfertigt oder nicht) und die häufige Forderung nach Zöllen.
Scrolle zu "Exports 2021":
https://oec.world/en/profile/country/chn

D:
Für Deutschland gilt ähnliches. Auf Importe stark angewiesen, aber durch den Export von hochwertigen Gütern würde bei abgewerteter Währung gegenüber den Handelspartnern, dies um ein Mehrfaches gut gemacht - also ein Vorteil (so lange die Abwertung im Rahmen bleibt).
Daher wäre der Dexit und die Wiedereinführung der DMark wie von der AfD gefordert, wirtschaftlicher Selbstmord, da über Nacht aufgrund der starken Aufwertung der DMark gegenüber dem Rest der Welt (im Vergleich zum Euro), alle Exportwaren praktisch unverkäuflich würden.
Scrolle zu "Exports 2021":
https://oec.world/en/profile/country/deu

Russland:
Hier ist der Fall genau anders herum. Russland exportiert Rohstoffe und ist auf Importe von hochwertigen Waren angewiesen. Die Zusammensetzung von Russlands Exporten steht im krassen Gegensatz zu China oder D.
Scrolle zu "Exports 2021":
https://oec.world/en/profile/country/rus

Das heißt hochwertige Waren wie Maschinen, Autos, Elektronik, Medizinprodukte... sind seit 2014 im Handel mit China (oder dem Westen in $) rund 2,5-fach im Preis gestiegen.
Kurzzeitig sind nach Russlands Krieg die Rohstoffpreise stark angestiegen, bewegen sich aktuell an den Rohstoffbörsen, zumindest Öl und Gas (andere habe ich nicht überprüft), wieder im Mittel der letzten 15 Jahre.

Da Russland sich mit Nahrungsmittel quasi selbst versorgen kann, wird es ökonomisch nicht zerbrechen. Eventuell politisch, da die Teilhabe am technologischen, medizinischen Fortschritt für die Bevölkerung Russlands zunehmend unbezahlbar wird. Durch den Umstieg auf Kriegswirtschaft dürfte sich die Währung nicht erholen und viele junge, gut ausgebildete Menschen sind wegen des Krieges aus Russland geflohen.

Putin sieht Russland an vorderster Front beim Aufbau einer neuen Weltordnung, einer multipolaren Welt, mit Russland mit an der Spitze.
(Putin, 28.11.2023 Plenary session of the World Russian People’s Council):

https://web.archive.org/web/20231128171320/http://en.kremlin.ru/events/president/news/72863 Wir kämpfen jetzt nicht nur für die Freiheit Russlands, sondern für die Freiheit der ganzen Welt. Wir können offen gesagt sagen, dass die Diktatur eines Hegemons altersschwach wird... Aber auch hier ist es unser Land, das jetzt an vorderster Front beim Aufbau einer gerechteren Weltordnung steht. Und ich möchte das betonen: Ohne ein souveränes und starkes Russland ist kein dauerhaftes und stabiles internationales System möglich.

Diese Position kann Russland mit wirtschaftlichen Mitteln nie erreichen. Dazu ist der Oligarchenstaat zu heruntergewirtschaftet und mit zunehmender Umstellung auf Kriegswirtschaft bleibt Russland nur ein Mittel die Ziele Putins und den mächtigen Nationalisten durchzusetzen.

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