Ansicht umschalten
Avatar von Wilko Fokken
  • Wilko Fokken

mehr als 1000 Beiträge seit 25.03.2000

Zu Pirinçci's Pegida-Rede wegen angeblicher 'Volksverhetzung'

Aus einem Interview der "Jungen Freiheit" mit Akif Pirinçci:
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
(21.10.2015) 
...
JF: Haben Sie mit Ihrer Rede in Dresden den Bogen überspannt?

Pirinçci: Ich weiß es nicht. Das alles steht auch in "Deutschland von
Sinnen" und in meinen Postings auf Facebook. Die politische Seite hat
einfach irgend etwas gesucht, womit sie mich wirklich fertigmachen
kann. Und das war halt nun diese KZ-Sache.

JF: Zahlreiche Medien legen Ihre Rede immer noch so aus, als ob Sie
darin gefordert hätten, Politiker oder Asylsuchende ins KZ zu
stecken.

Pirinçci: Wer das Zitat vollständig liest, weiß ganz genau, was ich
gemeint habe. Ich habe überspitzt und satirisch gemeint, daß die
Politik am liebsten Asylkritiker ins KZ stecken würde. Das ganze
fängt mit einer Analogie zum Nationalsozialismus an, mit der
Umvolkung. Dann kommen verschiedene Aussagen, unter anderem die eines
CDU-Politikers aus Hessen, der sagt, Asylkritiker sollten Deutschland
verlassen, wenn die momentane Situation ihnen nicht passe.

Und dann habe ich überspitzt gesagt, es gebe auch andere
Alternativen, aber die KZs seien ja leider außer Betrieb. Das ist
eine Analogie zur Judenverfolgung. Da hat man auch zuerst gesagt,
haut ab, danach kam die Judenbuße, wo sie ihr Vermögen hier lassen
mußten, und dann kamen die KZs. Ich habe das in einer sehr
überspitzen und sarkastischen Form gesagt. Aber jeder, der das lesen
kann, weiß, daß das nicht auf Flüchtlinge oder Politiker bezogen war,
sondern auf die Asylkritiker. Daß man die am liebsten noch ins KZ
stecken würde.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Ich halte den Streit um Pirinçci für eine Meutenjagd der
politisch-medialen Klasse, um einen mißliebigen Fuchs zur Strecke zu
bringen, im Vertrauen auf das Pisa-Problem, das die durch permanente
"Bildungsreformen" geistig verarmte Masse mit der indirekten Rede in
der deutschen Sprache hat:

Pirinçci legt dem hessischen CDU-Politiker, der sich Bertolt Brechts
sarkastische Frage¹) an die Regierung der Ostzone anläßlich des
17. Juni 1953 jetzt in Bezug auf die Asylkritiker der Gegenwart ganz
unsarkastisch zu eigen gemacht hatte, dessen hintergründige
KZ-Gedanken wie in einem Comic sarkastisch als Sprech-, genauer: als
Gedankenblase in dessen Nazi-verseuchtes Gedankenfach: "Es gäbe
natürlich auch andere Alternativen. Aber die KZ sind ja leider
derzeit außer Betrieb."

Seltsam, daß ein Staatsanwalt es unternimmt, Pirinçci's Rede auf
'Volksverhetzung' zu prüfen, wo als einziges Objekt einer
'Volksverhetzung' nur das heimliche Nazi-Gedankenfach eines
singulären CDU-Poltikers infrage kommt, der Asylkritiker am liebsten
im Ausland verschwinden lassen möchte.

Wie gesagt: Es handelt sich um ein Pisa-Problem in Bezug auf die
indirekte Rede der deutschen Sprache mit dem Ergebnis einer
Verwirrung des Verständnisses von Subjekt (= der CDU-Politiker mit
heimlichen Nazi-Gedanken) und Objekt (= die Asylkritiker, die von dem
besagten CDU-Politiker mit heimlichen Nazi-Gedanken bedacht wurden )
denen (tatsächlich) öffentlich die Auswanderung nahegelegt wurde –
dann wäre die politische Klasse sie los – die man nach der heimlichen
Nazi-Phantasie des besagten CDU-Politikers aber besser noch in einem
KZ verschwinden lassen sollte – dann wäre man sie gleichfalls los.

Resumee:
Deutsche CDU-Politiker sind schon brutaler ihrer heimlichen
Nazi-Gedanken verdächtigt worden – aber selten so elegant sarkastisch
wie durch Herrn Pirinçci – leider hatte Pirinçci dabei allzu
optimistisch auf die geistigen Errungenschaften des "Volkes der
Dichter und Denker" VOR den unablässigen linken "Bildungsreformen"
gesetzt. Das ist ihm zum Verhängnis geworden.
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

¹) Bertolt Brecht, an die Regierung der Ostzone nach der sowjetischen
Niederschlagung des Arbeiter-Aufstandes vom 17. Juni 1953:

"Nach dem Aufstand des 17. Juni
 Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands
 In der Stalinallee Flugblätter verteilen 
 Auf denen zu lesen war, daß das Volk
 Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe
 Und es nur durch verdoppelte Arbeit
 Zurückerobern könne. Wäre es da
 Nicht doch einfacher, die Regierung
 Löste das Volk auf und
 Wählte ein anderes?"
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

[Edit:]
Da ich NICHT annehme, daß unsere herrschende Klasse so blöd ist, den
tatsächlichen Sinn der Rede Pirinçci's nicht begriffen zu haben,
lohnt es sich, DIE Leute, die sich jetzt über Pirinçci 'empören', im
Gedächtnis zu behalten: An ihrer 'Empörung' erkennt Ihr nämlich die
Protagonisten unserer verselbständigten politisch-medialen Klasse.

Bewerten
- +
Ansicht umschalten