... zum Feuilletonisten, sondern nur zum Schaumschläger.
Warum? Weil der Mann hier ernsthaft auf der Grundlage von Buch-Rezensionen (!) "philosophiert" und seine angeblichen Quellen nicht liest.
Kleinebeckel schreibt beispielsweise:
Zurück zu Putin: Es ist gerade Danilewski, der mit zunehmender Amtsdauer von Wladimir Putin zitiert und in Russland vermehrt gelesen wurde, worauf Walter Laqueur aufmerksam machte. Laqueur, 1921 als Jude in Breslau geboren, überlebte in Palästina, wo er auch Russisch lernte. Als Historiker befasste er sich u.a. mit Russland, Deutschland und Israel.
Putin, der ehemalige Geheimdienstler, liebt es offenbar, teils obskure Autoren zu zitieren und sich auf ihre Entwürfe und, was Europa angeht, Gegenentwürfe zu berufen. Seine Zitierweise ist dabei oft recht eigenwillig, hinterlässt aber ihre charakteristische Spur.
Ich habe mir daraufhin kurzerhand Laqueurs "Putinism: Russia and its Future with the West" bei libgen heruntergeladen, um die Behauptung, Putin "zitiere obskure Autoren wie Danilewski", zu überprüfen. Warum hätte sich Kleinebeckel schließlich für einen kurzen Artikel extra durch mehrere Bücher wühlen sollen und warum war mir als jahrelangem Beobachter russischen Politik (in der Originalsprache) noch nie Danilewski im Zusammenhang mit Putin über den Weg gelaufen?!
Und? Nichts dergleichen! Laqueur nennt vielmehr Danilewski als eine Quelle von Dugin (!), so wie es im übrigen auch in der Rezension des Buches "Putinism: Russia and its Future with the West" zu lesen ist, auf welche Kleinebeckel im Artikel selbst verlinkt.
Ansonsten kommt Danilewski bei Laqueur nicht vor.
Das Verrückte an Laqueurs Buch wiederum besteht u.a darin, dass er im 4. Kapitel "Putin and Putinism" selbst folgendes zugibt:
"Many close observers of the Russian scene believe there is no great demand at present for a new ideology and very little interest in the subject. If people quarrel, it is about finances - about their income, their investments and profits, and how best to improve their interests, not about ideological questions and dialectic materialism."
Aber dieses Eingeständnis - aus dem Jahr 2015 - hinderte wiederum Laqueur nicht daran, sich dennoch ein paar ideologische "Vordenker" zurechtzulegen.
Im Kapitel 3 "Leading thinkers of the Russian right" nennt er - natürlich - Dugin. Dazu den eloquenten Fernsehjournalisten (!) Michail Leontjew, den ehemaligen Theaterregisseur Sergej Kurginjan, der witzigerweise für sein Projekt "UdSSR 2.0" bekannt ist, sowie zu allem Überfluss den Videoblogger Maxim Kalaschnikow ("Like Dugin, Kalaschnikow is considered an original thinker" Laqueur).
Das ist so lächerlich, dass man darüber nicht einmal mehr lachen kann.
Aber vom betagten Herrn Laqueur konnte man vielleicht auch nicht erwarten, dass er mit 94 Jahren noch zu wissenschaftlicher Hochform aufläuft.
Im Unterschied zu Kleinebeckel würde sich jeder unvoreingenommene Beobachter die folgende Frage stellen: Warum sind Dugins Ideen in Russland nicht Schulstoff, warum hat er nicht einmal einen ordentlichen Lehrstuhl, wenn seine Ideen angeblich einen solchen Einfluss auf die "Ideologie" des Kremls haben? Warum, verdammt nochmal, muss Wladimir Putin die Schriften Dugins nachts unter der Bettdecke lesen?
Wie dem auch sei, der Feldherr Putin brauchte natürlich keine Einflüsterungen von "Vordenkern", um auf diese Weise mit der, wie man sich heutzutage ausdrückt, geopolitischen Situation umzugehen.
Es war einfach der letzte Moment, militärisch auf das Post-Maidan-Regime zu reagieren, das der Westen Russland im Jahre 2014 vor die Nase gesetzt hatte und seitdem stetig militärisch und ideologisch aufgerüstet hatte.
Zehntausende ukrainische Soldaten waren seit 2015 durch die NATO-Ausbildungslager in Galizien geschleust worden, die Modernisierung der Luftstreitkräfte sollte im nächsten Jahr begonnen werden, der Baubeginn für zwei britische Stützpunkte in der Ukraine wurde im Dezember angekündigt, dazu hatte sich Selensky im Februar öffentlich über eine ukrainische Atombombe ausgelassen.
That's it.