Das Placet des Finanzministers ist nach GG Art 112 lediglich bei "überplanmäßigen oder außerplanmäßigen Ausgaben" erforderlich - also bei Ausgaben, die noch nicht im jeweils gültigen und vom Bundestag abgesegneten Haushaltsgesetz enthalten sind. Das betrifft derzeit etwa neue erforderliche Ausgaben für die Hochwasserkatastrophe und ähnliches, die der Finanzminister explizit für z.B. das Innenministerium freigeben muss.
"Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der Zustimmung des Bundesministers der Finanzen. Sie darf nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden. Näheres kann durch Bundesgesetz bestimmt werden."
Ansonsten hat der Finanz- wie auch der Innenminister und der Justizminister entsprechend der Geschäftsordnug der Bundesregierung lediglich ein Widerspruchs- aber eben ausdrücklich kein Vetorecht. Innen- und Justizminister können bei Vorhaben, die nach deren Auffassung gegen geltendes Recht verstoßen würden, einen Widerspruch einlegen, der Finanzminister kann in allen Fällen "von finanzieller Bedeutung" Widerspruch einlegen. Damit wird das Vorhaben dann zwar kurz eingefroren - aber nur um dann anschließend im Kabinett darüber abzustimmen. Und hier kann dann der Finanzminister und sein Widerspruch mit einer einfachen Mehrheit des Kabinetts und der Stimme des Bundeskanzlers auch komplett ignoriert werden.
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/geschaeftsordnung-der-bundesregierung-459846 §26
"1) Beschließt die Bundesregierung in einer Frage von finanzieller Bedeutung gegen oder ohne die Stimme des Bundesministers der Finanzen, so kann dieser gegen den Beschluß ausdrücklich Widerspruch erheben. Wird Widerspruch nach Satz 1 oder in gesetzlich vorgesehenen Fällen erhoben, so ist über die Angelegenheit in einer weiteren Sitzung der Bundesregierung erneut abzustimmen. Die Durchführung der Angelegenheit, der der Bundesminister der Finanzen widersprochen hat, muß unterbleiben, wenn sie nicht in der neuen Abstimmung in Anwesenheit des Bundesministers der Finanzen oder seines Vertreters von der Mehrheit sämtlicher Bundesminister beschlossen wird und der Bundeskanzler mit der Mehrheit gestimmt hat.
(2) Entsprechendes gilt, wenn der Bundesminister der Justiz oder der Bundesminister des Innern gegen einen Gesetz- oder Verordnungsentwurf oder eine Maßnahme der Bundesregierung wegen ihrer Unvereinbarkeit mit geltendem Recht Widerspruch erhebt.
"
Das, was Frau Baerbock hier aber möchte, das ist neben dem Einwanderungsministerium vor allem ein "Klimaschutzministerium", welches ein generelles Vetorecht in allen Fällen bekommt, in denen ein Gesetz nicht vollständig kompatibel ist mit den Klimazielen von Paris. Zusätzlich soll die "Klima-Task-Force" im Wochenrythmus tagen - unter Führung des Klimaschutzministeriums natürlich - und dabei wohl den anderen MinisterInnen im Kabinett vorgeben, was sie zu tun und lassen haben:
https://www.gruene.de/artikel/klimaschutz-sofortprogramm
"Um Abstimmungsprozesse innerhalb der Ministerien zu verschlanken und zu beschleunigen, wird in den ersten 100 Tagen eine Klima-Task-Force der Bundesregierung im Wochenrhythmus tagen. Die Federführung hierfür wird im Klimaschutzministerium liegen. Dieses Ministerium wird zusätzlich mit einem Veto-Recht gegenüber den anderen Ressorts ausgestattet, sollten Gesetze vorliegen, die nicht Paris-konform sind.
Was leider komplett im Widerspruch zum GG steht. Art 65GG:
Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung. Über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern entscheidet die Bundesregierung. Der Bundeskanzler leitet ihre Geschäfte nach einer von der Bundesregierung beschlossenen und vom Bundespräsidenten genehmigten Geschäftsordnung.
==> Die Richtlinien der Politik gibt nicht ein Ministerium vor, sondern alleine der Bundeskanzler. Minister und Ministerinnen im Kabinett agieren ferner selbsttändig und eigenverantwortlich - und sind keinem anderen Ministerium gegenüber weisungsbefugt. Und bei Meinungsdifferenzen zwischen Ministern entscheidet das Bundeskabinett unter Führung des Bundeskanzlers. Eine "Definitionsmacht" oder ein Vetorecht eines einzelnen Ministeriums ist da ganz ausdrücklich nicht vorgesehen. So etwas hat nämlich keinen Platz in einer freiheitlichen Republik. Schließlich werden Minister eben anders als der Bundeskanzer nicht vom Parlament gewählt, sondern lediglich ernannt.
Das, was Baerbock da jetzt vorhat, das ist also meiner persönlichen Meinung nach eine "kleine Machtergreifung" durch die Hintertüre, sie ist sich wohl im klaren, dass es für die Bundeskanzlerin nicht so wirklich reicht und möchte sich dann wohl über das neue "Klimaschutzministerium" zu einer Art Schatten-Kanzlerin machen, mit Weisungsbefugnissen und einem Vetorecht gegenüber all den anderen Ministerien. Und wenn es den Grünen PolitikerInnen um eines geht, dann vor allem darum mit an den Fleischtöpfen der Mächtigen zu sitzen, auch wenn man dafür dann alle alten Ideale aufgeben, den Krieg verherrlichen und alte, demokratische Grundsätze künftig verachten muss.