So einigermaßen nachvollziehbar wäre der Artikel gewesen, wenn der Brexit nun amtlich und unwiderruflich vollzogen wäre. Das ist er aber nicht! Stattdessen wird lebhaft darüber diskutiert, wie man den Schaden auf ein Minimum begrenzen kann, und dabei sind auch verschiedene Szenarien einer Umgehung des Abstimmungsergebnisses in der Diskussion. Nichts läge einem tapferen Kämpfer für die Unabhängigkeit Großbritanniens näher als gerade jetzt alle Kraft dafür einzusetzen, dass das Werk vollendet wird.
Tatsächlich geht Farage in dem Moment, wo die unangenehmen Dinge kommen, die übrigens auch eine Menge mit Arbeit, Argumentieren, Abwägen, Verhandeln usw. zu tun haben. Würde es ihm gefallen, wenn Schottland tatsächlich seine Unabhängigkeit erklären würde? Würde er auch für dieses - durchaus vorhersehbare! - Szenario seinen Kopf hinhalten? Welche Position würde er einnehmen, falls sich die Frage zuspitzt: Brexit doch noch irgendwie verhindern oder den Zerfall des Vereinigten Königreiches in Kauf nehmen?
Aber eine differenzierte und ehrliche Herangehensweise darf man von einem Populisten eben nicht erwarten. Populisten taugen nur für holzschnittartige Radikalforderungen, fürs Trommeln und für großmäulige Auftritte - für die Folgen sind sie nicht zuständig. Es wundert mich keine Sekunde lang, dass Farage nun mit einer durchsichtigen wie sachlich falschen Begründung auf Tauchstation geht.
Der Kritik an Farages Rücktritt eine verklemmte, anti-hedonistische, typisch-deutsche Tapferkeitsmentalität zu unterstellen, halte ich für Satire.