Ansicht umschalten
Avatar von Dirk V
  • Dirk V

mehr als 1000 Beiträge seit 11.09.2005

Den Realitäten völlig entrückt

Niemand in diesem Land hatte in den vergangenen Jahrzehnten ein
Interesse daran, den in diesem Land lebenden Muslimen ihren Status
als Mitmensch in einer christlich geprägten Gesellschaft streitig zu
machen. Der Begrifflichkeit folgend, wonach im türkischen Bewusstsein
der Begriff Integration nichts anderes heißt als Harmonie, lebten die
Gastarbeiter jahrzehntelang vom Staat unbehelligt in einer sich
stetig perfektionierenden Parallel-Welt. In der Annahme, die so
genannten Gastarbeiter würden eines Tages in ihre Heimat zurück
kehren, gab es im Grunde genommen auch keinen Anlass, auf diese
Menschen staatlichen Einfluss auszuüben.
Nun, da uns bewusst wird, das von einer Heimkehr in die alte Heimat
keine Rede mehr ist, kommt in der bestens eingerichteten Parallelwelt
Unruhe auf. Nichts mehr fürchtend als das in diesem Land etablierte
Leistungssystem tauchen wie aus dem Nichts selbsternannte religiöse
Vertreter auf und schüren recht unverblümt Ängste vor dem deutschen
Staat, der im Grunde genommen nicht mehr von den ehemaligen
Gastarbeitern fordert, als er von allen anderen Mitgliedern der
Gesellschaft fordert.
In den letzten etwa 10 Jahren nimmt die Vorstellung einer Welt im
Namen des Propheten dank massiver finanzieller Unterstützung durch
den türkischen Staat und finanzkräftige Kapitalgeber immer konkretere
Züge an. Für die Türkei ist ein aufkeimender Islamismus unter ihren
Mitbürgern in Deutschland viel lieber, als diesen Konflikt in der
säkularen Türkei in Form eines religiösen Konfliktes auszutragen.
Stattdessen schießen in Deutschland und anderen Staaten Europas
Moscheen wie Pilze aus dem Boden und der türkische Ministerpräsident
ließ bei seinem Besuch in Köln vor zig tausenden begeisterten
Anhängern keinerlei Zweifel darüber aufkommen, wie er sich das
Zusammenleben zwischen Immigranten und "Eingeborenen" ohne
Migrationshintergrund am Beispiel der Westtürkei (seine Bezeichnung
für Köln) vorstellt. Lasst uns in Ruhe oder ihr habt Probleme, so das
Credo seiner in türkisch gehaltenen Rede.
Eines ist klar: Die Idee einer multikulturellen Gesellschaft
scheitert nicht an der Frage, wie aufgeschlossen oder tolerant die
Deutschen sind sondern daran, ob und wie bereit die Mitbürger mit
einem muslimischen Hintergrund auf das Angebot des Staates reagieren,
und sich mit ihrer Religion und Kultur gleichberechtigt neben vielen
anderen Religionen und Kulturen positiv einbringen. 
Jeder Mord im Namen des Propheten, jeder Ehrenmord, jeder neue
Terroranschlag, jeder Angriff auf Polizisten in Deutschland, jede neu
veröffentlichte Statistik zur Jugendgewalt, jede neu gebaute Moschee
ist ein gefundenes Argument der Islamkritiker. Nun so zu tun, als ob
diese Webseiten die Ursache allen Übels wären, ist an Verlogenheit
nicht mehr zu übertreffen. Schlimm ist nicht, wer die Dinge beim
Namen nennt, sondern immer noch Der, der für die Schlagzeilen sorgt.
Der Autor des Artikels ist mit einer unglaublichen Naivität
geschlagen oder er verfolgt mit seinen Ausführungen das Ziel, die
traurigen Realitäten in vielen Ländern Europas weg zu wischen. Über
die Hintergründe, warum er das tut, lässt sich trefflich spekulieren.
Im Grunde genommen ist die Beantwortung dieser Frage aber müßig, denn
jeder Mensch, der tagtäglich mit offenen Augen in Großstädten
unterwegs ist, kann ihn ohne Schwierigkeiten der Heuchelei
überführen. Dem Volk aufs Maul zu schauen und ihm nach dem Mund zu
reden, ist selten zielführend. Realitäten einfach zu ignorieren und
eine krude Fremdenfeindlichkeit daraus zu konstruieren, ist perfide.
Meine Freunde sind durchweg freundliche und fleißig arbeitende
Menschen aus vielen Regionen der Welt. In vielen abendfüllenden
Gesprächen wurde sehr deutlich, das weltfremde Menschen wie der Autor
des Unsäglichen Interviews bei denen nur Kopfschütteln und
Unverständnis hervorrufen.
Bewerten
- +
Ansicht umschalten