Lieblingsuser schrieb am 17.08.2024 17:10:
Und das soll was begründen? Das sind Abwehrraketen. Statt dessen stehen Atomrakten in Kalinigrad. Hätte die NATO dann nicht auch eine Vorgeschichte, Russland anzugreifen?
Nunja, es gibt auch Atomraketen in der Türkei. Und auch wenn Polen reine Abwehrraketen aufstellen wollte, die sich angeblich nur gegen den Iran richten, verschieben diese das Gleichgewicht der nuklearen Abschreckung, das wir bislang hatten. Dazu war es Bush, der den ABM Vertrag gekündigt hat, und Trump, der den INF Vertrag gekündigt hat, nicht Russland.
Ja, bei den zwei-plus-vier-Verhandlunugen. Das war vor der Auflösung des Warschauer Paktes. Es gab nie eine formelle Erklärung. Das ist alles bekannt und wurde schon zig mal durchgekaut.
Das Zivilrecht in Deutschland kennt auch mündliche Verträge. Klar ging es bei 2+4 nicht um Anwendung des BGB, mir geht es um etwas anderes: Auch in unserem westlichen Wertesystem ist es unmoralisch mündliche Absprachen zu brechen. Dass Zusagen bezgl. NATO gemacht wurden, ist dokumentiert, wie Du selber sagst.
Ich finde das spannend, wie schnell manche Leute diese Prinzipien über Bord werfen, und in etwa auf dem Niveau von: "aber die Russen haben das Kleingedruckte nicht gelesen, als sie der Wiedervereinigung Deutschlands zustimmten!" argumentieren, weil es gerade besser zur eigenen Interessenslage passt.
Hast du das auch gelesen? Ich vermute nicht, denn das Sprachgesetz sollte das Russische zurückdrängen, nicht verbieten. Amtssprache war nun ukrainisch, sofern nicht darum gebeten wurde, auf russisch zu sprechen.
Hast Du auch ein bisschen mehr gelesen? Das Gesetz bedeutete die faktische Schließung von einer Reihe russischsprachiger Zeitungen. Was Du hier sagst, sagt sich leicht, aus Deutschland. Hast Du dort gelebt, oder in den Schuhen der russischsprachigen Menschen im Donbass gesteckt? Ich gehe davon aus, dass so ein Gesetz eine einschneidende Veränderung bedeutet: Wenn der Sachbearbeiter vor Dir - aus welchen Gründen auch immer - keine Lust hat, mit Dir russisch zu reden, dann hast Du Pech gehabt.
Genau das waren doch die Ausreden und Rechtfertigungen. Es gab Null Anzeichen, dass die NATO Russland, eine Atommacht, angreifen würde. Und all das war kurz vor 2022 oder 2022.
Ja, ich hätte mir auch gewünscht, dass die Russen andere Möglichkeiten der Einflussnahme genutzt hätten, als direkt in der Ukraine einzumarschieren. Aber darum ging es mir hier nicht. Du behauptetest, die Aussage "Russlands Sicherheitsinteressen wurden nicht berücksichtigt" sei eine Lüge. Ich hingegen sehe, wie die NATO seit Jahrzehnten an Russland - entgegen der westlichen Zusicherungen - heranrückt. Mearsheimer hat in dem Punkt Recht: Dass die NATO *wirklich*wirklich* keine Absicht hat, Russland jemals anzugreifen, ist nicht hinreichend. Was in den zwischenstaatlichen Beziehungen eben auch zählt ist, wie Russland selbst die Bedrohungslage einschätzt. Auch China kann Indien nicht vorschreiben, wie Indien die Bedrohungslage durch China einzuschätzen hat.
Dass jemals irgendwelche substantiellen Zugeständnisse an Russland gemacht wurde, in all der Zeit, sehe ich nicht. All das ist Teil der dokumentierten Vorgeschichte, und sie hat mit Sicherheit zur Eskalation in der Ukrainekrise beigetragen.
Der Krieg begann aber schon mit dem Maidan, als dasetwa 50% des Volks den ungeliebtengewählten pro-russischen Präsidenten nicht haben wollteweggeputscht hatte.
Ich hab das mal korrigiert für Dich.
"Den Auslöser zum Krieg habe ich gedrückt"
https://www.sueddeutsche.de/politik/russischer-geheimdienstler-zur-ostukraine-den-ausloeser-zum-krieg-habe-ich-gedrueckt-1.2231494
Kann gut sein. Und all das nachdem:
https://www.youtube.com/watch?v=93eyhO8VTdg
https://www.cbsnews.com/news/us-victoria-nuland-wades-into-ukraine-turmoil-over-yanukovich/
Hegemonialmächte mischen eben in Ländern mit, in denen sie ihre Interessen verorten.
Im übrigen bestätigst du, dass es keine Vorgeschichte gab, sondern Vorgeschichten konstruiert wurden, um den Krieg zu rechtfertigen, denn zeitlich passt das nicht zusammen.
Du hast die Wahrheit der Information aus meinen Links bisher nicht bestritten. Wie kommst Du dann darauf, dass die Vorgeschichte konstruiert sein soll? Und natürlich gibt es eine Vorgeschichte: Alle meine Links stammen von vor dem Krieg. Und auch wenn der Krieg völkerrechtswidrig ist, ist es ist nun einmal so, dass der Westen am Rad der Eskalation gehörig mitgedreht hat.
Wie gesagt, ich bin nicht glücklich über den russischen Einmarsch. Aber um überhaupt einen Frieden erreichen zu können, muss man die Ursachen - vorurteilsfrei - ergründen.
Es gab Null diplomatische Bemühungen aus Russland, sondern nur Drohungen.
Da erinnere ich mich aber etwas anders:
In December 2021, Russia advanced two draft treaties that contained requests for what it referred to as "security guarantees", including a legally binding promise that Ukraine would not join the North Atlantic Treaty Organization (NATO) and a reduction in NATO troops and materiel stationed in Eastern Europe, threatening unspecified military response if those demands were not met in full. NATO rejected these requests, and the United States warned Russia of "swift and severe" economic sanctions should it further invade Ukraine.
Klar, man geht erstmal mit einer Maximalforderung in Verhandlungen. Aber der Westen hat ja noch nicht einmal versucht zu verhandeln!
Russland hatte also schon lange seine Finger in der Ukraine. So viel zu den Vorgeschichten.
Ja, mit Sicherheit. Aber die USA haben - als Hegemonialmacht - auch schon lange ihre Finger in der Ukraine. Das ist doch bekannt, dass die USA mit dreckigen Mitteln spielen, wenn es um die Wahrung ihrer eigenen interessen geht. Ich muss Dir, glaube ich, nicht erzählen, wie die CIA halb Lateinamerika mit Putschen und Drogengewalt überzogen hat?
So wie ich das sehe, hat Russland als Hegemonialmacht in etwa so reagiert, wie die USA reagieren würden, wenn die Chinesen in Mexiko einem USA-feindlichen Präsidenten zur Macht verhelfen würden.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (17.08.2024 19:12).