Guckstu schrieb am 18.08.2024 13:21:
Klare Ablehnung eines NATO-Beitritts der Ukraine.
Mehrfach, von verschiedenen Westpolitikern, u.a. auch Merkel, zahlreiche Quellen aus unterschiedlichster Perspektive sind mit folgender Suche auffindbar:ukraine nato merkel 2008
Daran hat sich sogar bis nach 2018 nicht viel geändert, man hat lediglich zur Kenntnis genommen, dass die Ukraine auf NATO-Kurs ist, aber es gab noch immer keinen Beginn des Aufnahmeprozesses.
Tut mir leid, ich hätte den Zeitraum noch etwas präzisieren sollen. Mir geht es eher um den Zeitraum 2014 bis 2022. Mir ist bewusst, dass Merkel es damals initial, 2008, abgelehnt hatte. Diese harte Position wurde dann aber im Verlauf des Konflikts, seit 2018, auch seitens Deutschland, nach und nach aufgegeben. Des Weiteren zählt doch auch gar nicht so sehr, was Deutschland dazu meint. Interessanter ist, was die Ansage der Amerikaner ist. Und deren Message ist über die Jahre konsistent gewesen.
Und es ist halt eindeutig, dass Putin die Ukraine als abgespaltenen Teil von Russland sieht, den es "heim ins Reich zu holen" gilt, und zwar komplett mit rücksichtsloser Assimilation.
Bitte eine Quelle von vor dem Kriegsbeginn im Jahr 2022, in dem das so gesagt wird von ihm.
https://de.wikipedia.org/wiki/NATO-Gipfel_in_Bukarest_2008
Zitat Putin: „George, Sie müssen verstehen, dass die Ukraine noch nicht einmal ein Land ist. Ein Teil ihres Territoriums liegt in Osteuropa, und der größte Teil gehört zu uns.“
Also diesem Zitat kann ich noch nicht eindeutig entnehmen, dass er die Ukraine zu diesem Zeitpunkt schon militärisch "heim ins Reich" holen wollte. "Der größte Teil gehört zu uns" kann auch als Einflusssphäre gemeint sein, wie sie Großmächte stets um sich herum aufbauen.
"Der größte Teil gehört zu uns" ist eindeutig mehr als nur die mehrheitlich russischsprachigen Gebiete.
Fair.
Obendrein noch https://de.wikipedia.org/wiki/Zur_historischen_Einheit_von_Russen_und_Ukrainern von 2021.
Ich habe jetzt nicht den Originaltext gegengeprüft
Dass Du das zugibst, ehrt Dich. Ich habe den Text auch noch nicht gelesen, und tue es jetzt:
http://en.kremlin.ru/events/president/news/66181
aber schon der erste Satz unter "Inhalt" ist sehr eindeutig:
"Putin streitet in seinem Essay die Existenz der Ukraine als einer unabhängigen Nation ab.[1][10]
[...]Gleicher Abschnitt, zweiter Absatz, letzter Satz: "Die Ukrainer und die Ukraine seien ein natürlicher Teil Russlands und würden als eigenständiger Staat und eigenständige Bevölkerung nicht existieren."
So, nachdem ich es gelesen habe, sage ich: Entweder, finde ich diese beiden Textstellen nicht, oder das ist eine dreiste Lüge. Findest Du den Text im Original vielleicht?
Was ich aber finden kann, ist das hier:
What can be said to this? Things change: countries and communities are no exception. Of course, some part of a people in the process of its development, influenced by a number of reasons and historical circumstances, can become aware of itself as a separate nation at a certain moment. How should we treat that? There is only one answer: with respect!
Ja, das klingt natürlich schön, aber er schränkt es hier ein:
the republics that were founders of the Union, having denounced the 1922 Union Treaty, must return to the boundaries they had had before joining the Soviet Union. All other territorial acquisitions are subject to discussion, negotiations, given that the ground has been revoked.
Dieser Einschränkung kann man zustimmen oder nicht. Ganz offensichtlich nutzt Putin diese, für sich selbst, als eine Rechtfertigung für seinen Krieg. In dem Text steht aber noch viel mehr: Putin geht der Arsch auf Grundeis, dass er im Wettstreit um Soft-Power in der Ukraine, gegen die USA verliert. Im selben Text steht nämlich:
Russia is open to dialogue with Ukraine and ready to discuss the most complex issues. But it is important for us to understand that our partner is defending its national interests but not serving someone else's, and is not a tool in someone else's hands to fight against us.
We respect the Ukrainian language and traditions. We respect Ukrainians' desire to see their country free, safe and prosperous.
I am confident that true sovereignty of Ukraine is possible only in partnership with Russia.
Interessant ist auch der blanke Hass, der in dem Text gegen die Führer der alten Sovjetunion zu lesen ist. Ganz oft wird ja behauptet, Putin wünscht sich die Sovjetunion zurück. So einfach ist es dann aber wohl auch wieder nicht.
Ich gehe jetzt mal auf ganz viel Text von Dir nicht mehr ein, denn ich denke er steht unter dieser, von Wikipedia verbreiteten, falschen Prämisse.
Schon die "grünen Männchen auf der Krim" sind eindeutig belegt.
Auch dass die Donbas-Separatisten mit reichlich russischem Militärgerät ausgestattet waren
Alles richtig. Die grünen Männchen, die Bewaffnung der Rebellen im Donbass, etc waren russische Reaktionen, auf westliche Einflussoperationen in Kyiv. Auch diese Aktionen kann man schlecht finden: Hier hat Russland definitiv mit eskaliert.
Alles richtig. Die klassiche Vorgehensweise, mit der Hegemonialmächte ihre Interessen verteidigen. Da gibt es auf Seiten der USA und CIA auch einige schöne Beispiele, wie man so etwas am besten anstellt.
Freilich, freilich.
Aber hier geht es um die Ukraine.
In der die CIA auch schon seit langem kräftig mitmischt.
grundsätzliche Freundschaft reicht ihnen, und wenn eine befreundete Nation mal bei einer Militäraktion nicht direkt mitmachen will wie Schröder damals, grummeln sie zwar, aber sie akzeptieren's und begnügen sich mit rein logistischer Unterstützung.
Ein ziemlicher Ausreißer. Unser Gas-Gerd ist ohne Frage korrupt. Aber das muss man ihm Zugute halten.
Das nächste kann man leicht umdrehen:
Vergleich das mal mit den USAVergleich das mal mit der Sowjetunion, die haben OstdDeutschland sogar aus dem Besatzungsstatut entlassen, die waren sogar entgegenkommender als die Franzosen (unbegeistert) oder Großbritannien (aktive Gegnerschaftunbegeistert).
Dass Russland sich bedroht FÜHLT, ist in der Tat deren Entscheidung.
Aber nicht mal das stimmt. Würden sie die NATO fürchten, hätten sie doch ihre Grenztruppen nicht abgezogen!
[...]
Außer, er kann das Argument mit den abgezogenen Truppen irgendwie entkräften. Hat aber bisher noch KEIN EINZIGER auch nur versucht, geschweige denn schlüssig belegen können.
Ja, natürlich wissen die Russen, dass jetzt kein unmittelbarer Einmarsch der NATO bevorsteht. Aber die denken auch langfristiger: Die Situation sieht in 15, 20 Jahren politisch vielleicht noch einmal ganz anders aus. Es wird dann eben doch einen Unterschied machen, ob die NATO bis dahin eine komplette Armee an Ukraines Ostgrenze aufbaut, oder ob diese Armee dann nur in Ostpolen steht.
Und was, wenn Russland diese Bedrohung gar nicht fühlt, sondern nur behauptet?
Das ist immer noch deren Entscheidung, aber sie reagieren da nicht auf eine Bedrohung, sondern auf das Verweigern imperialistischer Expansion.
Kann natürlich sein. Aber weißt Du es wirklich?
Diese Zirkel gibt es sicherlich.
Aber die hätten sich auch damit zufriedengegeben, wenn Russland einfach von sich aus auf Imperialismus verzichtet hätte.
Aha. Wann verzichtet Amerika eigentlich auf seinen Imperialismus? (Damit will ich nicht sagen, dass das gut für uns wäre, wenn sie darauf verzichten. Aber man muss in so einer Debatte eben auch den Standpunkt des globalen Südens, und Russland selbst, betrachten)
Allerdings sind die Amis in punkto Russland INSGESAMT ohnehin recht entspannt. Selbst die Biden-Regierung musste erst überzeugt werden, dass es sie sehr wohl etwas angeht, wenn Russland wieder auf Imperialismus macht, ursprünglich hatten die diesen Konflikt als rein innereuropäisches Problem wahrgenommen.
Dass Russland nach der Ukraine weiter machen wird, ist eine unbelegte Behauptung.
Nein. Tun sie nicht. Nicht mehr. China ist aus US-Sicht ein viel größeres Problem.
Russland ist aus der US-Perspektive zu einer Regionalmacht herabgesunken.
Und ich stimme den USA in diesem Punkt zu. Aus diesem Grund hätten wir Russland an unserer Seite gebraucht, statt sie über die Frage zu antagonisieren, in wessen Einflusssphäre die Ukraine kommt.
Die Atomwaffen machen Russland wegen der Atomwaffen noch vage bedrohlich, aber die taugen nur als Abschreckungswaffen, nicht für den Angriff: Würde ein einziger Atomstaat sie für einen Angriff einsetzen, würden ALLE Staaten aus dem Nonproliferationsvertrag aussteigen und sich Nuklearwaffen zulegen wollen, um atomare Aggression abzuschrecken, und das würde die Welt auch für die Atomwaffenstaaten sehr viel riskanter machen.
Ja, und genau deshalb ist es auch so gefährlich, dass wir versuchen, Russland in der Ukrainefrage, die - wie Du selbst sagst (und übrigens auch Obama: https://www.theatlantic.com/press-releases/archive/2016/03/the-obama-doctrine-the-atlantics-exclusive-report-on-presidents-hardest-foreign-policy-decisions/473151/) für Amerika eigentlich unwichtig ist - eine absolute militärische Niederlage beizubringen. Vgl. auch: https://www.telepolis.de/features/Nur-neun-Menschen-entscheiden-die-atomare-Vernichtung-oder-Maschinen-9837642.html
Ich lese, dass das 2013 endgültig gescheitert ist, als die sich durchlavierende weder pro- noch antirussische Regierung (Poroschenko?) davongelaufen ist und EU-freundliche Kräfte an die Macht gekommen sind, und das war dann auch das Jahr der Krim-Annektion, nach der Logik: Die politische Einflussnahme ist endgültig gescheitert, wir müssen jetzt militärisch zuschlagen.
Richtig. Das sagt, und sieht Mearsheimer hier übrigens genauso, wie Du.
D.h. Zweifel an den Abläufen des Maidan kann man gerne haben, aber das ändert ja nichts daran, dass Russland keinerlei Recht hatte, die Krim oder den Donbas zu annektieren. Oder daran, dass es für den Westen unklug wäre, Russland in der Ukraine gewähren zu lassen, und obendrein auch ziemlich amoralisch.
Es ist aber auch amoralisch, wenn man Ukrainer für uns an der Front sterben lässt, weil dies außenpolitsche Interessen eines kleinen Zirkels in Washington DC bedient.
Ich glaube, über den zweiten Punkt wären die Russen verhandlungsbereit gewesen. Über den ersten sind sie es - wir wir jetzt im Ukrainekrieg sehen - nicht.
Sie haben meiner Einschätzung nach den zweiten Punkt lediglich zurückgestellt.
Es ist also verhandelbar.
Und in der Tat ist Russland ja mit Einflussoperationen in den Randstaaten der NATO weiterhin sehr aktiv. Die Russen sind ja nicht blöd, wozu einen teuren Krieg anfangen, wenn man viel billiger Einfluss kaufen kann und die Staaten schließen sich dann von selbst wieder Russland an...
Ja, Russland tut, was Hegemonialmächte tun. Wir sehen es von Amerika, in den ehemaligen Ostblockstaaten sehen wir es von Russland und Amerikan, und ich bin mir sicher, wir werden in Zukunft sehr viel davon, in anderen Ländern, von China sehen.
hat in Weißrussland ja sogar unumkehrbar funktioniert, in Ungarn und der Slowakei für den Moment, in Moldawien immerhin so halb.
Nein, in Weißrussland steht etwas anderes dahinter. Lukashenko hat eine ganze Zeit lang den Westen gegen Russland ausgespielt, um von den Angeboten beider Seiten zu profitieren. Nachdem eine vom Westen unterstützte Farbrevolution gescheitert ist, kommt der Diktator Putin zum Dikatator Lukashenko, und sagt: "Schau mal was der Westen tut. Du kommst jetzt besser mal wieder ganz schnell an Bord, sonst wird Dich der Westen früher, oder später auch wegputschen, wie Janukowitsch". Alles nachzulesen hier:
https://exiledonline.com/baldfellas-how-belaruss-failed-regime-change-movement-shaped-putins-war-plan/
Mark Ames hat in Russland "The eXile" betrieben, die dann 2009 unter Putin geschlossen wurde.
Aber was ändert das daran, dass Russland immer einen Dreck auf die Sicherheitsinteressen von Polen, Bulgarien, Rumänien, Ukraine, Georgien gegeben hat? Das war immer nur Ich, Ich, Ich, stumpfer klassischer Imperialismus.
Nichts. Aber wie schon geschrieben, denke ich eben, dass im konkreten Fall Ukraine und Georgen Imperialismus nicht der alleinige Grund ist.
Und der Westen kann sich nicht darauf einlassen, nicht legitimierbare Ansprüche zu akzeptieren.
Natürlich kann sich der Westen darauf einlassen, wenn es taktisch für ihn klug ist, und ich denke, mit Blick auf China, wäre es taktisch klug gewesen.
Hm. Unser Militär ist noch nicht soweit.
Und der Westen wird sicherlich wieder mit Wirtschaftssanktionen antworten, aber mit denen kommen wir prima klar, der ist ja auf Gaslieferungen angewiesen. Lasst uns zehn Jahre warten, Devisenreserven aufbauen, damit die Sanktionen ins Leere laufen, Deutschlands Abhängigkeit über Nord Stream 2 noch weiter verstärken bzw. die Opposition Polens und der Ukraine gegen Deutschlands Abhängigkeit ins Leere laufen, wenn die Deutschen weiter die Gegenaktionen verhindern wie bei der NATO-Aufnahme der Ukraine, klappt das schon.
Den Vorwurf gibt es in der Gegenrichtung, dass die Ukraine+Westen Minsk1+2 nur eingegangen ist, um die Ukraine militärisch aufrüsten zu können.
Oh. Die Amis liefern auch. Die Deutschen hatten mal nur Lächerliches versprochen, aber jetzt versprechen sie ernsthaft Waffen und liefern auch noch. Aber Russland hat sich auf diesen Krieg festgelegt, die Regierung würde stürzen, wenn sie ihn jetzt aufgibt, wir MÜSSEN das gewinnen - Scheiiii...
Du beschreibst wirklisch schön die Eskalationsspirale, in der wir hier stecken. Natürlich ist für die Russen nicht alles nach deren Plan gelaufen, und wer das behauptet, ist ein Propagandist. Wie gesagt, diese Eskalationsspirale hatte schon Obama vorhergesehen (siehe Link oben). Es war Trump, dem nachgesagt wurde, er sei von den Russen gesteuert, der erstmals Waffenlieferungen an die Ukraine zuließ.
Aber der entscheidende Punkt ist: Ist das in die politischen Ziele aufgenommen worden oder nicht?
Es wird regelmäßig aus amerikanischen Think Tanks das Ziel verlautbart, einen Regime Change in Moskau zu erreichen.
So berechtigt das Anliegen wäre, es bestünde das Risiko nuklearer Proliferation und das chinesischer Einflussnahme, ersteres wäre gegen die Interessen der ganzen Welt, letzteres gegen die Interessen des Westens.
Ich bezweifle, dass man diese Dekolonisation tatsächlich beschlossen hat, oder selbst im Geheimen tatsächlich will. Die Gründe dagegen sind einfach zu stark.
[...]
Nochmal: Den Amerikanern ist die Ukraine gar nicht so zentral wichtig, ein Gutteil der einflussreichen US-Politiker sehen das immer noch als rein innereuropäisches Problem.
War es unter diesen Vorzeichen denn überhaupt sinnvoll, die Ukraine zu ermutigen, einen existenziellen Krieg gegen Russland zu führen? Wenn das Ergebnis hinterher so aussieht, wie in Afghanistan, dann ist das eine Moral, die die Ukrainer nicht essen können.
Das ist eben nicht Propaganda, sondern ausnahmsweise mal ernstgemeint.
Siehe Putins Essay.
Den Du nicht gelesen hast.
Mir persönlich geht es auch sehr stark darum, dass die Personalien, die den Irakkrieg "legitimiert" und vom Zaun gebrochen haben, auch das Steuer in der Hand hatten, als gegen Russland eskaliert wurde. Victoria "Fuck the EU" Nuland kommt mir da in den Sinn. Allein dieser Umstand lässt mich das Mainstream-Narrativ, wie der Ukrainekrieg einzuschätzen ist, hinterfragen.