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  • DJ Holzbank

mehr als 1000 Beiträge seit 03.09.2011

Ziemlich schlechter Artikel, der ...

... mit drei "Richtigstellungen" beginnt, deren erste eine glatte Lüge ist.

Der Autor schreibt nämlich:
"Berg-Karabach wird nicht von "armenisch-stämmigen Menschen" bewohnt, sondern von Armeniern. Die Region hat sich im Herbst 1991 in voller Übereinstimmung mit dem damals geltenden sowjetischen Recht von der Sowjetrepublik Aserbaidschan getrennt und ist seit dem Zerfall der Sowjetunion ein unabhängiger - wenn auch bislang von niemandem anerkannter - Staat: die, wie sie sich seit 2017 offiziell nennt, Republik Arzach."

Ja, warum wurde denn die "Republik Arzach" bis heute nicht einmal von Armenien anerkannt, obwohl sie sich angeblich "in voller Übereinstimmung mit dem damals geltenden sowjetischen Recht" von Azerbaidschan trennte?
Weil die Behauptung des Autors nicht zutrifft.

Um uns über den Staatsaufbau der UdSSR zu informieren brauchen wir nur in der Verfassung von 1977, Teil 3: "Nationaler und staatlicher Aufbau der UdSSR", nachzuschlagen.
> https://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_ru&dokument=0042_ver&object=translation&st=&l=ru

Dort wird uns erklärt, dass die UdSSR rechtlich eine Föderation von 15 Unionsrepubliken war. DIESEN Unionsrepubliken stand laut §72 das Recht zu, aus der Union auszutreten, §76 bestimmte diese Republiken zudem explizit als souveräne Staaten. Die Republiken konnten eigenständige außenpolitische Beziehungen unterhalten (§80 - die Ukrainische und Weißrussische SSR waren ja sogar Gründungsmitglieder der UNO).
Und laut §78 war eine Änderung des Territoriums der Unionsrepubliken nur mit ihrer Zustimmung möglich!
Etc.

Zu autonomen Gebieten (autonome Oblast) wie Berg-Karabach heißt es in §86:
"Die autonome Oblast ist Bestandteil der Unionsrepublik. Das die autonome Oblast betreffende Gesetz wird vom Obersten Sowjet der Unionsrepublik auf Vorschlag der Vertreter der autonomen Oblast angenommen."
Punkt. Kein Wort über Souveränität oder Möglichkeiten des Austretens aus der Unionsrepublik, zumal deren Territorium ja laut §78 nicht ohne ihre Zustimmung geändert werden konnte.

Und genau deshalb wandte sich der Sowjet von Berg-Karabach im Februar 1988 auch nur mit einer Bitte an die Unionsrepubliken Armenien und Aserbaidschan, die Übergabe der autonomen Oblast Berg-Karabach an Armenien in die Wege zu leiten.
Die autonomen Oblasten, die in der sowjetischen Verfassungshierarchie zwei Etagen unterhalb der Unionsrepubliken rangierten, waren eine Form der in erster Linie_kulturellen Selbstverwaltung_ für nationale Minderheiten. Ihnen standen 5 Sitze im Nationalitäten-Sowjet in Moskau zu, um außerhalb ihrer Unionsrepublik ihre Belange geltend zu machen.
Das war's.

Im Grunde sind die Ausführungen des Autors aber noch in einer anderen Beziehung nur lächerlich zu nennen. Einerseits wettert er darüber, dass die "verhassten Bolschewiken" Berg-Karabach ins Joch der Aseris spannten. Gleichzeitig sollen aber dieselben "verhassten Bolschewiken" Berg-Karabach eine verfassungsrechtlich unanfechtbare Austrittsmöglichkeit aus diesem Joch bereitgestellt haben.
Ja, was denn nun?

Parteinahme macht eben oft genug blind, Herr Konfliktforscher.
Der Rest des merkwürdigen Textes lohnt nicht der Mühe ihn zu kommentieren.

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