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  • Karl May1

404 Beiträge seit 16.08.2020

Kriege und Manipulation - eineiige Zwillinge

"Niemand ist mehr sicher vor diesem Terrorherrscher. Wir müssen Putins Regime vernichten. Bevor es uns vernichtet. Ich geh jetzt mal kurz heulen."
Tweet von Bild-Reporter Julian Röpcke, 24. Februar 2022

Einmal mehr ein mehr als lesenswerter Artikel auf telepolis!
Wie die Verweise etwa auf die Aussagen von Koalitionsmitgliedern zeigen, unterscheiden die sich mittlerweile nur in Nuancen von dem zitierten tweet - und das belegt die inhaltliche Annäherung, die zwischen einer Publikation, die "niveauvolle" Bürger erklärtermaßen sonst nicht mit der Kneifzange anfassen würden, und der Hetztpostille stattgefunden hat. Da das Boulevardblatt seinem Kurs treu geblieben ist, bedeutet das wohl, dass sich der mainstream im Niveau angepasst hat.
Tatsächlich wird sowohl von der Politik, aber auch von den überregionalen Medien, die diese vor sich her zu treiben scheint, so getan, als ob die Ukraine ein siebzehntes Bundesland sei, das ohne eigenes Zutun und aus heitem Himmel überfallen worden sei.
Der Botschafter aus Kiew liest unserer Regierung flegelhaft und gar nicht diplomatisch die Leviten, fordert gemeinsam mit seinem Präsidenten mehr Unterstützung und nennt die zu erbringenden Opfer etwa unserer Bürger alternativlos und nicht mal ansatzweise angemessen.
Die außenpolitisch zuständige neue Ministerin scheint damit nicht nur kein Problem zu haben, sie sieht sich selbst ähnlich verortet. Wie Selenskyj will sie Russland verlieren sehen und deshalb bis zum siegreichen Ende weiterkämpfen (lassen). Wie realistisch oder dilletantisch-naive diese Strategie ist, mag jeder für sich selbst entscheiden. Dass sie von vielen geteilt wird, gehört zu den neuen Realitäten. Aus Wut, Frustration und Hass zurückschlagen zu wollen, ist eine nachvollziehbare Emotion. Da das Gegenüber aber eine atomare Weltmacht ist, die für sich in Anspruch nimmt, von der "Gegenseite" (NATO/Ukraine) unerträglich provoziert worden zu sein, muss die Frage erlaubt sein, ob eine gefühlsgetrieben-moralisierende bellizistische Antwort zielführend sein kann, denn schließlich steht sehr viel auf dem Spiel und ist teilweise auch schon "verspielt" worden, wie die sich abzeichnende Armut hier und weltweit als Konsequenz zeigen.
Die Kiewer Regierung will den Zustand vor der Krim-Annektion widerherstellen. Wenn das dort mehrheitsfähig ist, bitte. Dass wir dafür aber bezahlen sollen, sollte hingegen bei uns nicht mehrheitsfähig sein. Dass vom Auswärtigen Amt keinerlei Impulse kommen, eine diplomatische Lösung zustande zu bringen, ist ein einzigartiges Versagen der deutschen Nachkriegsgeschichte und erklärt sich möglichweise dadurch, dass durch die Koalitionskompromisse eine unerfahrene und von Emotionen gesteuerte Novizin in ein Amt geraten ist, dass sie überfordert. Haben wir wirklich nichts Besseres als das, diese Regierung und das hilflos wirkende Parlament verdient?

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