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  • deedl

680 Beiträge seit 16.05.2014

Ideologisch verbohrt und fehlendes Grundlagenwissen- schade!

Man muss dem Autor schon anrechnen, dass er die Kommentare liest und darauf eingeht. Leider macht er dabei dermaßen inhaltliche Verrenkungen, dass es offensichtlich ist, dass hier Ideologie und Überzeugungswille die Motivation sind und nicht der konstruktive Diskurs.

Der Aufwand für unter Wasser mundgeschnitzte Schachfiguren ist sehr viel größer als für normale Schachfiguren. Der Nutzen, nämlich die Möglichkeit, damit Schach zu spielen, ist gleich.

Es ist nicht der individuelle Aufwand, auf den es bei der Produktion im Hinblick auf die Wertbildung ankommt, sondern der gesellschaftlich notwendige. [...]

Der gesellschaftlich notwendige Aufwand für die Produktion hängt maßgeblich vom Stand der Produktivkräfte (Maschinen, Know-how etc.) ab.

Es gibt keinen "Gesellschaftlich notwendigen Aufwand". Aufwand ist immer individuell und wird durch eine konkrete Person in einem konkreten Kontext erbracht. Warum grabe ich den Garten um während meine Frau unser Kind stillt? Weil aufgrund biologischer Vorteile für mich das Umgraben und für meine Frau das Stillen jeweils weniger Aufwand bedeutet. Das gilt auch bei der Verfügbarkeit von Produktivkräften. Jeder kann sich für den gleichen Stundensatz einen Bagger mieten und jeder kann im Internet nach der Bedienungsanleitung suchen. Trotzdem bedeutet das Ausheben einer Baugrube für mich einen viel größeren zeitlichen Aufwand als für einen erfahrenen Baggerführer, weil ich z.B. gar nicht die Hand-Augen-Koordination habe, die man braucht, um so eine Maschine zügig und effizient zu steuern. Warum bilden wir uns individuell fort und lernen individuelle Fähigkeiten? Damit wir unser individuelles Aufwand-Nutzen-Verhältnis in dem von uns gewählten Beruf verbessern.

Der kommunistische Planwirtschaftler hasst Individualität, er möchte den Einheitsmenschen, der im planwirtschafltich geführten Kombinat Einheitsprodukte herstellt und auch konsumiert. Etwas anderes kann die Planwirtschaft nämlich nicht. Erkennt man die Individualität der Menschen an, wird die Planwirtschaft hinfällig.

Der Aufwand, Löcher für ein Regal an der richtigen Stelle in die Wand zu bohren, ist genauso groß wie der Aufwand, sie an die falsche Stelle zu bohren. Der Unterschied im Nutzen der Löcher ist aber enorm.

Ein Produkt, das für niemanden ein Bedürfnis erfüllt, kann vom Standpunkt des Marktes als nicht-existent betrachtet werden. Es hat dort nichts zu suchen, weil es dort niemand haben will. Die Ware muss schon ein Gebrauchswert sein, also einen Nutzen befriedigen - letztlich egal welchen, Hauptsache sie eignet sich dafür -, sonst ist sie eben keine und fällt aus seiner Analyse raus.

Hier drückt sich der Autor vor der Kernaussage meines Beitrages, nämlich dass sich Waren bei gleichem Aufwand im Nutzen unterscheiden können. Dies habe ich überspitzt, um den Unterschied im Nutzen möglichst sichtbar zu machen. Der Autor drückt sich jetzt um diese Erkenntnis und tut so, als wäre Nutzen binär, also einfach da oder nicht. Dies wird offensichtlich, wenn man weniger überspitzt. Die Löcher für ein Regal so zu bohren, dass es gerade an der Wand hängt ist genauso aufwendig, wie sie so zu bohren, dass es schief hängt. Beide Regale haben einen Nutzen, weil man Sachen drauf ablegen kann. Der Nutzen des schiefen Regales ist jedoch geringer, weil manche Gegenstände von ihm herunterfallen und weil es aufgrund der ungleichmäßigen Belastung früher kaputt gehen wird. Nutzen ist nicht binär, sondern kann größer oder kleiner sein.

Die Aufgabe des Unternehmers ist es, einen Kontext zu schaffen, in welchem der Arbeiter den größtmöglichen Nutzen erzeugt. Ein Maurer, der die Pläne eines Architekten umsetzt, schafft größeren Nutzen als ein Maurer, der einfach irgendwas baut.

Ein Produkt stiftet einen Nutzen oder nicht, aber es stiftet nicht "mehr" oder "weniger" davon. Der Nutzen ist nicht quantifizierbar. Der Nutzen eines Tisches besteht z.B. darin, dass man auf einer bestimmten Höhe Dinge ablegen kann. Das ist eine Eigenschaft der Dinge.

Ein wackeliger Tisch hat einen geringeren Nutzen als ein stabiler Tisch. Ein ausziehbarer Tisch einen größeren Nutzen als ein nicht ausziehbarer. Ein leicht zu reinigender Tisch hat einen größeren Nutzen als ein schwer zu reinigender. Was der Autor behauptet widerspricht der Lebenswirklichkeit eines jeden einzelnen von uns. Der Autor wird wenn er einen Tisch braucht nicht im Möbelhaus anrufen und sagen, sie sollen ihm einen liefern, egal welchen. Er wird auch nicht im Schuhgeschäft anrufen und verlangen, ihm ein paar Schuhe zu liefern, egal welches. Die Tatsache, dass jeder einzelne von uns Zeit investiert, um das für uns passende Produkt zu finden ist Beweis dafür, dass nicht alle Produkte gleich nützlich für uns sind.

Aber man kann streng genommen nicht einfach so sagen: Der Tisch erfüllt mir 4 Nutzeneinheiten. Das ist eine Quantität. Oder noch abstrakter, gleich ohne die Einheiten zu nennen: Der Tisch stiftet mir einen "größeren" Nutzen als die Pommes oder die Prostituierte oder der Swimmingpool oder der Friseurbesuch, … . Das ist eine vollständig subjektive Hierarchisierung oder Ordnung der Bedürfnisse. Eine individuell geordnete Liste von Präferenzen.

Warum wurde das Geld erfunden? Damit der Fischer, der ein Hemd braucht, keinen Schneider finden muss, der Appetit auf Fisch hat. Geld ist das universelles Maß für den Nutzen von Gütern. Natürlich ist Nutzen messbar, und zwar in Geld. Wieviel nützlicher ist ein stabiler Tisch gegenüber einem wackeligen? Das, was der Käufer dafür mehr bereit ist zu zahlen.

Und natürlich ist das alles höchst individuell. Deshalb mag der Planwirtschaftler das nicht. Wie kann man die höchst individuellen Preisvorstellungen denn nun in einen Marktpreis überführen? Hier offenbart sich wieder, dass der Autor ein Ideologe ist, der keinerlei wirtschaftliches Grundlagenwissen hat.

Es gibt nämlich aufgrund der Individualität der Erzeuger, ganz viele Angebotspreise und ganz viele verschiedenen angebotene Mengen, die zusammen die Angebotskurve bilden. Es gibt aufgrund der Individualität der Käufer ganz viele Nachfragepreise mit jeweils individuell nachgefragter Menge, die bilden die Nachfragekurve. Dort wo sich beide Kurven schneiden, ist der Marktpreis. Produzenten, die unterhalb des Marktpreises produzieren können und Käufer, die mehr als den Marktpreis zahlen würden, nehmen dann am Markt teil, für die anderen lohnt sich das Geschäft nicht. Das ist alles Erstsemster-BWL-Zeug und sollte in seinen Grundzügen jedem bekannt sein, der sich ernsthaft inhaltlich mit Wirtschaft beschäftigt.

Erkennt man an, dass sowohl die Fähigkeit zur Wertschöpfung als auch die Artikulation des eigenen Bedarfes kontextabhängig und individuell sind, dann fällt der ganze planwirtschaftliche Marxismus in sich zusammen. Individuelle Wertschöpfung bedeutet, dass sich jeder den Beruf wählen kann, indem er am meisten (Geld, Glück, ...) Nutzen für seinen investierten Aufwand erhält. Kontextabhängige Wertschöpfung bedeutet, dass sich jeder auf die Stellen bewerben kann, die das höchste Gehalt für seine Fähigkeiten versprechen (was sich nur der Unternehmer leisten kann, der den Kontext für den größtmöglichen Nutzen aus dem gleichen Input geschaffen hat). Individuelle Bedürfnisse bedeuten, dass der Kunde seinen Nutzen nur maximieren kann, wenn er aus vielen Produkten auswählen kann und keine Einheitsware kaufen muss.

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