Ansicht umschalten
Avatar von
  • unbekannter Benutzer

51 Beiträge seit 06.01.2002

Das ist schon richtig, aber

man kann natürlich nicht alles erwähnen und den Artikel noch mehr
aufblähen. Vietnam ist schon wichtig gewesen - für eine bestimmte
Generation. Aber ich denke, wir sind uns einig, dass dieses Trauma
Geschichte ist. Es wird sich auch später zeigen, so zumindest meine
Vermutung, dass das nur eine Episode war, eine Diskontinuität, die
immer mal wieder vorkommt. Langfristig zeigt sich, auch das versucht
der Artikel zu zeigen, aber eine erstaunliche historische
Kontinuität.

Warum die USA keine Räume okkupieren, im strikten Sinn des Wortes,
sondern lieber Stützpunkte errichten, dürfte der Artikel auch klar
gemacht haben. Die Weltmacht kommt ja auch nicht auf den kuriosen
Gedanken, Mexiko, Kanada oder den Irak zu ihrem drei-, vier- oder
fünfundfünfzigsten Bundesstaat zu machen. Im Unterschied zu der
"dummen" EU, die aller Herren Länder vereinahmen wollen, statt mit
ihnen ähnliche Verträge zu schließen, wie es die USA machen. Dadurch
bläht sie sich auf, wird politisch "handlungsunfähig" und wird
(politisch) zur Lachnummer. Darum ist ein Reboot in Sachen Kerneuropa
unerlässlich.

Ökonomie ist eine hinreichende, aber sicher keine notwendige
Bedingung für den modernen Imperialismus. Dass das Wall Street
Journal Seit an Seit mit den Bush-Krieger kämpft, ist für mich kein
Gegenargument. Wenn Sie den Artikel aufmerksam studiert haben
und/oder sich die NSS 2002 nocheinmal in Ruhe zu Gemüte führen (die
spricht auch genau davon), dann dürfte Ihnen in der Tat aufgefallen
sein, dass es hier wie dort um einen "Krieg der Ideen" geht, um die
Verteidigung und konzentrische Ausweitung des universalistischen Way
of Life. Schon Hegel, Kojeve und auch Carl Schmitt sprechen von
Kämpfen um Anerkennung, davon, wer Herr und wer Knecht, wer Freund
und wer Feind ist. Öl und alle anderen Ressourcen bekommt das
Imperium doch auch so. Die Araber können es ja nicht selber
verprassen, sondern müssen damit ihre Infrastruktur aufbauen und ihre
Bevölkerung ruhig halten.´

In den letzten Jahren sind diese Anerkennungskriege, der Kampf der
Kulturen etc. vor allem hierzulande in Verruf gekommen, weil
Strukturalismus, Systemdenken, Diskursanalyse usw. die Macht von
Ideen heftig befehdet haben. Man kann sich leicht ausmalen, welche
Wirkung diese Rückkehr von Idealismus und Metaphysik in den mentalen
Haushalten dieser Lagern verursacht. Die Dialektik der Aufklärung
sollte man eben nicht vergessen. Man wird sich dort schon sehr
anstrengen müssen, um der neokonservativen Ideologie, die sich ja auf
Schmitt und Strauss beruft, die Luft aus den Segeln wird nehmen
können. Argumentation schaut eben schlecht aus, wenn man dabei in die
Mündung eines Revolvers blicken muss.

Und was Paul Kennedy angeht, so seien Sie gewiss, dass die Neocons Mr
Kennedy genau studiert haben. Sie wissen um das das Gesetz der
imperialen Überdehnung, um die Fehler, die das Britische Empire
gemacht hat. Darum wollen sie auch ihre Truppen so schnell wie
möglich aus dem Irak zurückziehen und diese Besatzungsarbeit lieber
ihren Vasallen überlassen. Also, die Strategen am Potomac arbeiten
schon sehr gewissenhaft am "Ende der Geschichte". 
Bewerten
- +
Ansicht umschalten